mit Ulrich Irnich & Markus Kuckertz
Shownotes
Folge 56 beschäftigt sich mit der Frage, wie die Industrie X die Art und Weise verändern wird, wie Unternehmen Produkte herstellen. Zu Gast ist Frank Rütten, Managing Director bei Accenture. Frank ist seit diesem Sommer EMEA Industry X Technology Strategy Lead bei Accenture und arbeitet mit rund 280 Kolleginnen und Kollegen an den Kernthemen „Design-2-X“, „IT/OT Convergence“ und „Connectivity“.
Uli, Markus und Marcus diskutieren, wie Industry X die Produktionsprozesse revolutioniert. Sie diskutieren Schlüsselthemen wie die Integration von Operational Technology und IT sowie die Bedeutung von Digital Twins als Zukunftstechnologie für eine autonome und nachhaltige Produktion.
Frank erläutert, wie Unternehmen durch die Nutzung von Echtzeitdaten effizienter und ausfallsicherer arbeiten können und wie diese Technologien die Art und Weise verändern, wie Produkte entwickelt, hergestellt und gewartet werden. Dabei geht es nicht nur um technologische Aspekte, sondern auch um den Wandel, den Führungskräfte vollziehen müssen, um diese Revolution erfolgreich zu meistern.
Wer mehr wissen möchte, findet hier weitere Informationen:
- Website von Accenture zu Industry X: https://www.accenture.com/de-de/about/industry-x-index
- Literaturempfehlung „The Fourth Industrial Revolution.“ von Professor Dr.-Ing. Klaus Schwab https://amzn.eu/d/8bwJ0Jx
Euer Feedback zur Folge und Vorschläge für Themen und Gäst:innen sind sehr willkommen! Vernetzt Euch und diskutiert mit:
- Frank Rütten: https://www.linkedin.com/in/frank-r%C3%BCtten-741b43
- Ulrich Irnich: https://www.linkedin.com/in/ulrichirnich/
- Markus Kuckertz: https://www.linkedin.com/in/markuskuckertz/
Mitwirkende – Hosts: Ulrich Irnich & Markus Kuckertz // Produktion: Daniel Sprügel, Maniac Studios (https://maniacstudios.com/) // Redaktion: Marcus Pawlik © Digital Pacemaker Podcast 2024
Zusammenfassung
Im heutigen Digital Pacemaker Podcast liegt der Fokus auf der revolutionären Entwicklung in der Industrie, die durch die Konzepte von Industrie X und Digital Twins geprägt ist. Dazu begrüßen wir Frank Rütten, Managing Director bei Accenture, der die entscheidenden Themen und Herausforderungen in diesem Transformationsprozess beleuchtet. Wir diskutieren, wie die Integration von Operational Technology (OT) und IT dazu beitragen kann, die Produktionsprozesse grundlegend zu verändern und welche Schlüsseltechnologien dabei eine Rolle spielen.
Wir starten mit einer grundlegenden Erklärung der verschiedenen Epochen in der Industriegeschichte und kommen zu der Erkenntnis, dass Industrie X die Art und Weise, wie Produkte hergestellt werden, durch die Nutzung von Daten und Digitalisierung revolutioniert. Frank erläutert die Herausforderungen, die Unternehmen bei der Integration von neuen Technologien in bestehende Produktionsumgebungen überwinden müssen, wobei Sicherheit und unterschiedliche Generationen von Maschinen besondere Anforderung sind. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen IT- und OT-Spezialisten.
Ein wichtiger Begriff, der immer wieder zur Sprache kommt, sind Digital Twins. Frank erklärt, wie diese digitalen Abbilder von physischen Objekten Unternehmen in die Lage versetzen, effizienter zu arbeiten, indem sie Echtzeitdaten nutzen und fundierte Entscheidungen treffen. Besonders anschaulich wird dies an Beispielen aus der Praxis, wie dem Einsatz von Digital Twins in der Automobil- und Anlagenwirtschaft. Die Technologie ermöglicht es, Prozesse nicht nur zu simulieren, sondern auch vorrausschauend zu steuern, was letztlich die Effizienz und Ausfallsicherheit in der Produktion erhöht.
Darüber hinaus kommen auch die menschlichen Aspekte dieser Transformation zur Sprache. Frank betont, dass eine erfolgreiche digitale Transformation nicht nur technologische Innovationen erfordert, sondern auch eine persönliche Transformation der Führungskräfte und Mitarbeiter. Die Art und Weise, wie Führungsstile sich verändern müssen, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, wird intensiv diskutiert. Wir erfahren, wie wichtig es ist, eine offene und lernbereite Kultur in den Teams zu etablieren, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern.
Abschließend reflektieren wir die Ideen und Visionen, die Frank für die Zukunft der Industrie hat. Besonders hervorzuheben ist die Diskussion über die Notwendigkeit, eine Plattform zu schaffen, die verschiedene Digital Twins miteinander verknüpft, um die Gesamtheit der Informationen und Prozesse eines Unternehmens zu optimieren. Damit steht die Zukunf der Industrie X im Mittelpunkt, in der nicht nur Prozesse effizienter werden, sondern auch neue Jobs entstehen, was in Anbetracht des demografischen Wandels von großer Bedeutung ist.
Das Gespräch schließt mit einer Motivation zur Neugier und einem offenen Mindset, um die Chancen, die sich durch die digitale Revolution bieten, voll auszuschöpfen.
Transkript
Speaker1:[0:00] Wenn man so diese Digital Twins und diese Twin of Twins wirklich hat und die verschiedenen Twins zueinander in Beziehung setzt, dann kann ich sogar mit Tools wie Conversational AI auf dieses breite Spektrum an Informationen zugreifen und kann Daten demokratisieren. Und ich kann Lagermitarbeiter, Vorstände in die Lage versetzen, Dinge zu fragen, wo sie vorher extremes Domänen oder Spezialwissen gebraucht hätten.
Music:[0:27] Music
Speaker0:[0:42] Herzlich willkommen zum Digital Pacemaker Podcast mit Uli Öhnig und mit mir, Markus Kuckertz. Lieber Uli, wir sind aus der Sommerpause zurück. Wie geht’s dir?
Speaker2:[0:51] Hervorragend. Du weißt, zum einen hat der Sommer ja doch länger gedauert, als alle erwartet haben. und nach einem wirklich bescheidenen Sommeranfang hat es nach hinten raus wirklich gut funktioniert. Man könnte fast mein Ähnliches erwachen wie bei der Nationalmannschaft. Ja, also es ist alles gut. Alles guter Stimme.
Speaker0:[1:07] Großartig. Dann können wir jetzt mit guter Laune in den Herbst starten. Heute sprechen wir darüber, wie die Industrie X die Art und Weise verändern wird, wie Unternehmen Produkte herstellen. Zu Gast ist Frank Rütten, Managing Director bei Accenture. Schön, dass du heute bei uns bist, Frank.
Speaker1:[1:21] Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich sehr, dabei zu sein.
Speaker0:[1:23] Frank ist seit diesem Sommer EMEA Industry X Technology Strategy Lead bei Accenture und arbeitet mit rund 280 Kolleginnen und Kollegen an drei Kernthemen. Design-to-X, also effizientes, nachhaltiges Produktdesign zur Reduktion von Komplexität und Kosten. IT-OT-Convergence, also Strategien und Modelle, die IT und operative Technologien zusammenführen. Und zu guter Letzt natürlich Connectivity, also die Vernetzung im Unternehmen, zum Beispiel auf dem Shopfloor und Technologien wie Computer, Vision, AI und IoT. Frank bringt über 22 Jahre Erfahrung in verschiedenen Rollen bei internationalen IT-Beratungsunternehmen mit und hat einen Master of Science in Information Systems von der Universität Münster. Frank, wir haben uns natürlich im Vorfeld mit dir beschäftigt und du stellst folgende Thesen zur Diskussion oder hier in den Raum. Du sagst, Industrie X wird Produktion und Produkte durch die Integration von Operational Technology und IT grundlegend verändern. Dann sagst du, Schlüsseltechnologie für die autonome und nachhaltige Produktion der Zukunft sind Digital Twins. Und zu guter Letzt sagst du, ein Erfolgsfaktor der Industrie X-Revolution ist die persönliche Transformation der Führungskräfte. Uli, wie findest du das?
Speaker2:[2:35] Also erstmal, ich kenne ja Frank auch schon jetzt fast schon Jahrzehnt, hätte ich jetzt behauptet. Und ich freue mich auf diesen Perspektivwechsel, den er jetzt eingeschlagen hat. Und meine erste Frage ist natürlich, was hat dich erstmal motiviert, Frank, diesen Perspektivwechsel zu betreiben? Und danach kommt die richtige Frage.
Speaker1:[2:52] Ich glaube, wenn man recht lang in einer Industrie unterwegs war, Schnittstelle Technologie, Strategie und Business und das in einem, sage ich mal, begrenzten Markt, dann kommt irgendwann der Wunsch, Mensch, ich möchte nochmal was Neues sehen. Ich möchte nochmal was Neues lernen. Und möchte vielleicht wieder ein bisschen mehr Energie fühlen für die Dinge, die ich tue. Das ist ein anstrengender Job, den man so als Berater macht. Und da muss so die Mischung aus Spaß, inhaltlicher Anspruch, die muss halt stimmen. Da hat sich diese Chance ergeben und die habe ich dankbar ergriffen.
Speaker2:[3:20] Sehr schön. Vielen lieben Dank, Frank. Was sind denn die konkreten Vorteile von Industry X? Wie siehst du die Zukunftsaussichten, wenn du jetzt mal in deiner neuen Rolle drauf guckst?
Speaker1:[3:31] Ja, klar. Also ich glaube, wenn man vielleicht mal eine Sekunde zurückdenkt, was ist denn Industrie X, wofür steht es eigentlich? Und wenn man beginnt, so Industrie 1.0, die Dampfmaschine, der Webstuhl, das sind so Begrifflichkeiten, die damit verbunden sind. Industrie 2.0, so Massenproduktion, Ford Model T ist hier so ein Beispiel. Industrie 3, so ab den 70ern reden wir über starke Automatisierung in den Werkshallen, Robotics. Und jetzt Industrie 4.0, wo wir uns jetzt befinden, da kommen dann die Stichworte Daten und Digitalisierung zum Spiel. Neue Technologien wie künstliche Intelligenz, Edge Computing, also die Verarbeitung von Daten, wo es wirklich passiert. Digital Twins, wo wir vielleicht später noch drüber sprechen. Das sind so die neuen Elemente, die jetzt nochmal die Art und Weise, wie Produkte hergestellt werden, wie sie designt werden, wie sie im Lebenszyklus betrachtet werden, nochmal beeinflusst.
Speaker2:[4:24] Jetzt haben ja all diese Epochen immer ein Grundmuster per se. Und das heißt, dass die Menschen immer Schiss hatten, wenn so eine Epoche stattfand. Bei der Eisenbahn war es so, dass alle gesagt haben, wenn du damit fährst, über 80 kmh wirst du wahnsinnig. Sobald der Strom kam, haben alle gesagt, oh Gott, mein lieber Hagesangverein. In der Digitalisierung ging es darum, Rationalisierung zu betreiben. Und jetzt kommt natürlich so Digital Twin, KI und Co. Und wieder ist so eine Angst im Raum, die sagt, ab morgen gibt es keine Jobs mehr. Wie ist denn deine Sicht darauf?
Speaker1:[4:57] Ich glaube, diese Angst ist wahrscheinlich sogar ein Teil des Charakteristikums einer echten Innovation. Wenn ich evolutionäre Weiterentwicklung sehe, da ist diese Angst häufig nicht da und man spricht trotzdem von Innovation. Bei solchen grundlegeren Themen oder Sprunginnovationen, da bleibt ein Teil zurück, aber ein großer Teil geht in einer neuen Art und Weise vorweg. Und ich glaube, gerade jetzt, wo wir in so Rahmenbedingungen leben wie begrenzte Ressourcen, Limits of our Planet ist so ein Stichwort, bedarf es einfach dieser neuen Herangehensweisen, um auch mit begrenzten Ressourcen, mit weniger Anzahl an Mitarbeitern, die uns tatsächlich auch noch zur Verfügung stehen durch den demografischen Wandel, die gleichen Dinge effizienter und besser zu tun.
Speaker0:[5:41] Du hast gesagt, Industrie X wird Produktion und Produkte grundlegend verändern. Was sind denn die größten Herausforderungen, wenn es darum geht, OT, also Operational Technology, und IT in bestehende Produktionsumgebungen zu integrieren?
Speaker1:[5:54] Ja, ich glaube, da kann man so in verschiedenen Sichten draufschauen auf die Herausforderungen. Ich fange mal so mit den technologischen Herausforderungen an. Wenn man so aus der IT kommt wie ich und ich glaube, wie ihr ja auch, dann denkt man über den Begriff Sicherheit nach. und das Erste, was einem einfällt, ist, oh, ich möchte cybersecure sein, ich darf keinen Hack haben. Sicherheit im Shopfloor-Kontext oder in der Werkshalle, damit ist physische Sicherheit gemeint. Der Mitarbeiter darf sich nicht verletzen und die Produktion darf nicht stillstehen. Und wenn ich jetzt mit meinen digitalen Konzepten und Datenkonzepten aus der IT in die Engineering und Manufacturing-Welt gehe, dann muss ich diesen Gedankensprung machen, dass es ein anderes Zielsystem gibt, in dem ich lebe. Dann gibt es andere Zykluszeiten. In der IT wechselt sich alles so alle zwei bis drei Jahre. Gibt es eine neue Generation an Hardware, an Software, neue Programmiersprachen. Im Shopfloor, in den Maschinen, die in den Werkshallen stehen, ist das viel, viel länger. Und damit kommt einher eine andere Art von Konnektivität. Das ist weniger standardisiert. Das ist nicht alles Ethernet. Neue, drahtlose Kommunikation in der Werkshalle.
Speaker1:[6:59] Man sagt immer so einfach, machen wir ein 5G-Netz, das darf nicht aus, das muss ausfallsicher sein, das muss geringe Latenzen haben, weil wir wieder unter dem Paradigma der physischen Sicherheit stehen und das sind so die ersten technologischen Herausforderungen. Wenn man ein bisschen ins Detail geht und sagt, ich möchte es integrieren, dann habe ich verschiedene Generationen an Maschinen da stehen, verschiedene Generationen Software, viel Legacy und viele Dinge sind gleich benamst, meinen aber unterschiedliche Sachen. Also eine Stückliste in SAP sieht anders aus als eine Stückliste im Engineering. Und trotzdem sind die Begrifflichkeiten gleich und die Daten müssten irgendwie zusammenpassen. Und das ist so eine Herausforderung, wie man es zusammenkriegt. Und vielleicht letzter Punkt Mindset, ich glaube man kann nicht als ITler hingehen und sagen guck mal in der IT haben wir jetzt safe und Agilität eingeführt, jetzt machen wir das hier auch mal, ich übertreibe oder auch umgekehrt muss glaube ich der Ingenieur offen sein für neue Konzepte, die vielleicht in der IT schon gut oder nicht gut gegangen sind und zu prüfen, ob sie bei ihm passen und das sind so für mich so die Herausforderungen, die ich so sehe zwischen IT und OT in der Integration Vielen Dank.
Speaker0:[8:08] Uli, mit Digital Twins haben wir uns jetzt hier im Podcast so explizit noch nicht beschäftigt, aber außerhalb des Podcasts war das natürlich vor allem auch für dich ein größeres Thema. Was ist dir da so an spannenden Dingen begegnet? Was hat dich da besonders beeindruckt?
Speaker2:[8:19] Also das Spannendste, was mir begegnet ist, weil tendenziell gehst du ja mal an und versuchst halt deine physische Welt in eine digitale Welt zu überführen und hast damit quasi deinen digitalen Zwilling. Das ist so ein bisschen die Lösung.
Speaker2:[8:32] Und die meisten Unternehmen gehen damit einher und wir haben das auch so gemacht, dass man erstmal schaut, welche physischen Lokationen haben wir, welche Daten haben wir und bilden das ab. Was mir sehr spannend begegnet ist, ist tatsächlich eben nicht so zu starten, sondern rein ein mathematisches Modell dahinter zu stellen. Also zu sagen, welche Variablen habe ich, die meine physische Welt beeinflussen und wie bilde ich das quasi in so einem Digital Twin ab, sodass ich quasi alle möglichen Simulationen durchführen kann. Und das ist ja eine ganz andere Herangehensweise, aber total spannend, weil du im Prinzip diese ganze Vorarbeit, was für Daten habe ich, ich laufe jetzt jede Lokation ab, gar nicht machen brauchst, sondern du bildest quasi mit deinen Parametern,
Speaker2:[9:16] Der ist halt einfach mal die, die die physische Welt beeinflussen und damit kannst du das simulieren. Und für mich ist so das Par excellence, das Digital Twin des Enterprise, also sprich, du machst ein Unternehmen quasi als komplettes Digital Twin oder deine Kunden als Digital Twin, wo du halt simulieren kannst, wie sich Einkaufsverhalten verändern kann. Und darum geht es ja auch so ein bisschen im Digital Twin, Experimente, Vorhersagen, Analysen durchzuführen und schnell Antworten zu finden, wenn, und wir leben ja in einer sehr turbulenten Welt, wenn sich gewisse Parameter verändern, was sind jetzt die richtigen Maßnahmen? Weil tendenziell in der komplexen Welt, und Frank wird da sicher noch viel mehr zu sagen können, der wir uns bewegen können, kannst du gar nicht mehr alle Parameter berücksichtigen, die rechts und links um dich passieren.
Speaker1:[10:04] Genau, das ist, glaube ich, auch eine große Herausforderung, wenn ich mir Digital Twins in Manufacturing Engineering anschaue, dass du halt einen permanenten Datenstrom hast und das ist ja ein Charakteristikum von Digital Twins, dass du Real-Time-Daten hast, die den Zustand dessen, was du abbildest, möglichst gut darstellt, repräsentiert. Deshalb finde ich auch den Ansatz, den du gerade erklärt hast, ganz gut, eher vom Anwendungsfall, vom Use Case auszugehen und dann zu schauen, was brauche ich denn an Daten? Wohingegen, wenn du da tatsächlich die komplette Sensorik aus einer Werkshalle, aus einer Engineering abgreifen wolltest, du dir hoffnungslos in Daten verloren gehen würdest. Das Enterprise abzubilden als Zielvision finde ich ganz spannend. Wenn man sich die Twins so anschaut, die wir so sehen in der Praxis, Es gibt so die Component Twins, da werden einzelne Bauteile sehr gut beschrieben, die Cut-Zeichnungen, das Produktmodell. Wenn man ein bisschen weiter geht, hat man die Asset Twins, die verschiedene Komponenten dann zusammenfassen und dann das Verhalten einer Anlage modellieren. Und wenn man dann den Enterprise-Gedanken weiterdenkt, dann vielleicht auch den Anlagenstammsatz in SAP abbilden, die Abschreibungen abbilden, den Zustand der Anlage abbilden, die Wartung. Und dann gibt es weitere Ebenen bis hin zum Werk, was ich abbilde und das Werk, was in das Teil des Gesamtunternehmens geht.
Speaker0:[11:23] Kannst du nochmal vielleicht ein konkretes Beispiel nennen, was dir in eurem Alltag so begegnet ist und eurer Arbeit? Weil das ist, glaube ich, manchmal für unsere Hörer und Hörerinnen so ein bisschen schwer zu verstehen, wie das jetzt wirklich in der Praxis funktioniert. Man spricht ja von einem unglaublich großen Modell von Daten und von Dingen, die man da zusammenfügt, woraus man dann Erkenntnisse gewinnt. Aber was bedeutet das denn jetzt für ein Unternehmen deiner Wahl in der Praxis?
Speaker1:[11:43] Also ich glaube, das Stichwort Daten, Unmengen an Daten und Modell, die sind schon sehr gut, die ein Digital Twin beschreiben. Vielleicht ein ganz aktuelles Beispiel, was ich gerade gelesen habe, das Siemens und das aus dem Consumer-Bereich, dass sie es jetzt mithilfe eines Digital Twins ein Konzertsaal abgebildet haben. Also die haben viel Sensorik genutzt, um akustische Eigenschaften, bauliche Eigenschaften aufzunehmen und können die auch live monitoren und können dann zum Beispiel schauen, wie verhält sich das Hörerlebnis, wenn ich eine Schaltschutzwand aufstelle oder wenn die Bläsergruppe im Orchester links statt rechts sitzt oder die Bestuhlung so aussieht oder so aussieht. Ich glaube, das ist ein ganz eingängiges Beispiel.
Speaker1:[12:23] Da spart man sich sehr viel Ausprobieren, sehr viel Zeit durch teurische Stars oder Orchester oder Mixer, die da stehen und kann das dann simulieren und virtuell ausprobieren. Ein Beispiel vielleicht aus dem Industriekontext. Wenn ich eine Anlage habe, eine Maschine, die medizinische Pillen verpackt und ich habe die angebunden und habe die über einen Digital Twin abgebildet, kann ich den Zustand der Anlage monitoren. Ich kann sehen, auch auf Basis von Vergangenheitsdaten und Auswertungen, wann ist hier wieder eine Wartung erforderlich. Und wenn ich diese Anlage dann auch noch in einen übergreifenden Twin, wir sind wieder bei dem Bild des Unternehmens-Twins, eingebunden habe in Prozesse, dann weiß ich auch, wenn diese Anlage ausfällt, welche vorgelagerten, nachgelagerten Prozessschritte beeinflusst sind und kann viel schneller reagieren, umstellen und habe damit eigentlich eine gute Möglichkeit zu optimieren, zu simulieren, Parameter einzustellen, um damit einfach effizienter und auch ausfallsicherer zu arbeiten.
Speaker0:[13:25] Und wir hatten zu Beginn gesagt, dass Digital Twins eine Schlüsseltechnologie für die Produktion der Zukunft sind. Hast du auch nochmal ein gutes Beispiel, wie diese Technologie die Art und Weise verändert, wie Unternehmen ihre Produktionsprozesse steuern?
Speaker1:[13:37] Komme ich sofort zu. Ich würde gerne eine Sache voranstellen, die, glaube ich, eine Voraussetzung ist, um Produktionsprozesse gut zu steuern. Was wir viel sehen sind in Unternehmen, die Digital Twins in verschiedenen Domänen bauen. Da wird hier eine Anlage, ein Twin zu gebaut, hier wird ein Prozess-Twin gemacht. Das kommt aus einem unternehmerischen oder ingenieursgetriebenen Gedanken. Ich möchte Daten nutzen, um zu digitalisieren. Den Schritt, den wir jetzt bei vielen Unternehmen sehen, ist, dass man eigentlich diesen Twin-of-Twin-Ansatz braucht. Dass man die ganzen Twins in eine Plattform gießt, um dann wirklich Nutzen zu ziehen. Und dann, da komme ich auf deine Frage, Markus, dann kann ich natürlich auch anders steuern. Dann kann ich je nach Use Case zentraler steuern und sagen, ich habe ja alles im Blick. Ich kann unternehmensweit Abhängigkeiten sehen und kann vielleicht zentraler steuern. Auf der anderen Seite kann ich vielleicht auch verteilter steuern, wenn man so an Use Cases denkt wie Offshore-Windparks. Da ist eine bestimmte Situation und ich muss die Blades querstellen und ich habe keine Konnektivität mehr. Dann brauche ich natürlich auch dort, wo die Daten anfallen, eine gewisse Logik, um reagieren zu können, die ich durch diese Digital Twins und durch diese Logik, die ich dann dort implementiere, wo sie notwendig ist,
Speaker1:[14:50] Wo ich da reagieren kann. Wenn ich noch einen zweiten Punkt nennen darf, wenn man so diese Digital Twins und diese Twin of Twins wirklich hat und die verschiedenen Twins zueinander in Beziehung setzt, durch Ontologien, durch Semantik, dann kann ich sogar mit Tools wie Conversational AI auf dieses breite Spektrum an Informationen zugreifen und kann Daten demokratisieren. Und ich kann Lagermitarbeiter, Vorstände in die Lage versetzen, Dinge zu fragen, wo sie vorher extremes Domänen oder Spezialwissen gebraucht hätten.
Speaker2:[15:24] Twins of Twins, Frank, erinnert mich ein bisschen an auch die gesamte KI oder Artificial Intelligence Diskussion, die gerade viele Unternehmen machen, die in den verschiedenen Bereichen unterschiedliche Datenstrukturen haben und Datensätze haben und im Moment eher die Herausforderung haben, diese Sprachen und diese Datensätze einigermaßen gleich zu halten. Habt ihr darauf schon eine Lösung gefunden oder wie sieht eure Vorgehensweise da aus?
Speaker1:[15:51] Was wir so diskutieren, sind so zwei mögliche Technologien, das zusammenzubringen. Das, was du sagst, die unterschiedlichen Datensätze, die sind ja nicht wegzudiskutieren. Die Daten fallen an einer gewissen Stelle an, da gibt es eine gewisse Historie, eine Legacy, die sind dort. Jetzt kann man sich überlegen, über Unified Namespaces, man hätte es früher zentralisiertes Datenmodell genannt, solche Dinge zusammenzufügen. Oder man kann sagen, ich lasse die Daten dort, wo sie sind, in ihrer Struktur, Digital Twin neben Digital Twin. Und schaffe dann eine Abstraktion über diese Twins und sage, dieser Twin, dieses Flurförderfahrzeug, transportiert diese Ware und kann dann über diesen semantischen Zusammenhang die Dinge zusammensehen. Und da gibt es Technologien wie Knowledge Graphen, mit denen das möglich ist, oder eine andere Technologie ist die Verwaltungsschale, die diese Arten von Daten zueinander in Beziehung setzt, ohne dass ich jedes Datum auf eine neue Struktur heben muss und so einen Riesenaufwand betreibe, um so ein zentralisiertes Modell zu bekommen. Hat in der Vergangenheit ja auch schon nicht funktioniert.
Speaker0:[16:55] Das heißt, wenn ich mir die Beispiele anhöre, geht es ja vor allem auch um Entscheidungsfindung in Echtzeit. Und ich denke mal, letztendlich ist ja auch immer die große Frage, wenn ihr bei euren Kunden, Kundinnen, Unternehmen im Einsatz seid, was bringt uns das denn jetzt eigentlich, wenn ihr hier in Sachen Industrie X für uns tätig werdet? Ja, wie argumentiert ihr denn dann? Was ist denn eigentlich der größte Mehrwert, den ihr bei euren Kundenunternehmen mitbringt? Oder erzeugt.
Speaker1:[17:22] Ich glaube, was für die Hörer vielleicht interessant ist, wenn ich bei einer Gasturbine vorhersagen kann, wann sie ausfällt, habe ich einen Riesenschaden abgewendet. Da kann eine Pipeline weiter funktionieren oder ich kann vorher einen Austausch machen. Und um so eine Vorhersage zu machen, brauche ich eben einen Digital Twin zum Beispiel dieser Anlage. Ich glaube, das ist ein ganz einfaches Beispiel. Wenn ich ein bisschen breiter denke, über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg Und ich verstehe vom Design über die Herstellung bis hin, während die Anlage, das Flugzeug zum Beispiel, im Betrieb ist. Und ich stelle fest, da ist eine Komponente, die ist nicht mehr ganz sicher. Und ich kann mit einem Schnips herausfinden, in welchen Flugzeugen ist diese Komponente verbaut, wie alt ist sie, in welchem Zustand ist sie. Durch ganz andere Möglichkeiten zu reagieren, Schaden abzuwenden oder auch neue Service-Geschäftsmodelle zu implementieren. Ein ganz bekanntes Beispiel ist ja das intelligente Auto in der Produktion, Stichwort Software-Defined Vehicle. Ich kann ja das Auto, während es produziert wird, schon mit der Produktionsstraße verbinden. Und das Auto kann sozusagen Rückmeldung geben über den Zustand, in dem es sich befindet im Rahmen der Produktion, Diagnostikdaten, die dann entlang der Produktionsstrecke weiter wieder verwendet werden. Also die Hebel sind ganz klar geringer Ressourceneinsatz, weniger Fehler, höhere Automation und eben ein Verständnis über das Produkt über den gesamten Lebenszyklus.
Speaker0:[18:51] Wir hatten eben das die große Revolution in der Produktion genannt, wenn man sich jetzt dann natürlich mal anschaut in Hinsicht auf Operation Technology, also OT und IT, ja darüber nachdenkt, ist es natürlich eine große Revolution, aber ein Erfolgsfaktor dieser Revolution ist natürlich auch die persönliche Transformation der Menschen, die mit dieser Technologie zu tun haben und auch der Führungskräfte. Und Frank, was würdest du denn sagen, wie hat sich deine eigene Art zu führen, im Zuge dieser digitalen Transformation verändern, an deinem eigenen Beispiel?
Speaker1:[19:24] Ich glaube, die Art zu führen… Hat sich in den letzten Jahren durch zunehmende Themen wie Employee Experience, durch Agilität generell grundlegend verändert. Es ist weniger direktiv, es ist mehr Miteinander, es ist mehr Autonomie in die Teams zu geben. Ich glaube, das ist aber ganz unabhängig von meiner persönlichen Transformation oder von dem Thema, was wir gerade besprechen. Für mich, Markus, ist es gerade wirklich eine neue Learning Journey, möchte ich es mal nennen. Wenn man so stark aus der IT kommt oder aus einer gewissen Industrie und man geht dann in einen neuen Bereich, ich glaube, da muss ich meinen Mitarbeitern und meinen Peers einfach sagen, ich bringe ein gewisses Set an Skills mit, aber ich bringe auch einfach eine große Neugier mit, neue Dinge zu lernen, die für euch schon selbstverständlich sind. Das ist vielleicht so ein bisschen, weiß ich nicht, Humble-Ness, dass man sich hier nicht übernimmt, sondern die Bereitschaft zeigt, zu lernen, zu verstehen, gut zuzuhören. Das ist zumindest im Moment der Stand, in dem ich mich befinde, gerade eine ganze Menge zu lernen, aufzunehmen wie ein Schwamm. Und das Schöne ist, vieles kann man ja in Beziehung setzen zu dem, was man schon an Strukturen aus seiner Vergangenheit geschaffen hat, was dann auch manchmal einen ganz schönen Außenblick ermöglicht oder auch wieder neue Impulse für die Kollegen bietet, die schon da sind.
Speaker2:[20:40] Ich finde, was du gerade beschreibst, ist eigentlich die Idealposition für Leadership. Also sich rauszunehmen, selber zu lernen, zu engagieren, also zu inspirieren und vor allen Dingen auf die Expertise deines Teams zu vertrauen. Und das ist ja eigentlich der Kern von moderner Führung. Also zu sagen, ich bin nicht der Interpares, der alles weiß, oder Primus Interpares, sondern ich bin derjenige, der mit dem Team das Maximale baut und bin der Brückenbauer. Also daher finde ich, das muss eigentlich jede Führungskraft viel öfter machen, um sich permanent genau in diesen Prozess zu begeben.
Speaker1:[21:20] Denke ich auch. Wenn ich auf mich selber zurückschaue, ich kann es ja nur von mir selber sagen, rückblickend müsste ich sagen, das hätte ich auch vielleicht schon mal ein bisschen früher machen können. Aber es gibt ja eine gewisse Sicherheit in dem Umfeld, in dem man sich bisher bewegt hat und muss man erstmal einen Anlass finden oder einen Schubs bekommen, um das dann auch zu verlassen, sich was Neues zu trauen, ganz klar.
Speaker0:[21:41] Auf jeden Fall sehr mutig und ja, Neues zu lernen, Inspiration zu suchen, das finde ich auch echt klasse und sich da reinzuwägen und die Chance auch zu bekommen, ich glaube, so muss man vielleicht auch mal sehen, das ist vielleicht auch eigentlich so das Besondere, weil man weiß ja nicht, was man nicht weiß. Eine andere Seite dieser ganzen Sache ist natürlich, vielleicht nicht nur auf sich selber zu schauen, sondern als Führungskraft auch auf die Teams und deren Herausforderungen in der ganzen Thematik rund um digitale Technologie. Ja, wie bereitest du deine Teams darauf vor? Und da gibt es ja auch Umbrüche, Dinge, die man vielleicht vorher, ja, ich sag jetzt mal per Hand gemacht hat, auch wenn es dann digital stattgefunden hat, die zukünftig vielleicht vollkommen automatisiert laufen. Hast du da vielleicht ein gutes Beispiel für uns? Und was tust du da, um dich um deine Kolleginnen und Kollegen zu kümmern?
Speaker1:[22:28] Also wenn ich jetzt auf die Teams schaue, die mir in diesem Bereich, mit denen ich da zusammenarbeiten darf, das ist erstmal ganz spannend, weil das ein sehr, sehr weites Feld an Skills sind. Das geht von strategischer Beratung bis hin zu Device-Testing und sehr, sehr anfassbaren Themen, was ich super spannend finde, weil man da in der Kombination dieser verschiedenen Dinge Kunden ganz anders begeistern kann. Ich kann denen ein Prototyp zeigen, was Anfassbares. Das finde ich richtig cool. Und das versuche ich meinen Teams auch mitzugeben, dass die, die sozusagen eher diese Strategie- und Consulting-Themen machen, nicht irgendwie auf die anderen herauf- oder herabschauen und umgekehrt, dass die einen, die die Hands-on-Themen machen, nicht sagen, ja, wir machen ja die eigentliche Arbeit, ihr macht nur Folien, das habe ich tatsächlich schon gehört, sondern dass eigentlich genau dieses Zusammenspiel eine Wert schafft, den vielleicht andere nicht bringen können. Und der wirklich ein Wettbewerbsvorteil ist. Das ist sicherlich ein Thema. Und dann versuche ich natürlich, genau wie ich das gerade tue, sehr ermunternd zu sein, was Lernen angeht, Trainings angeht, zu verstehen, was sind hier neue Trends. Offen dafür zu sein, auch die andere Sichtweise, zum Beispiel des ITlers und des Ingenieurs, miteinander zu kombinieren und daraus neue Gedanken zu schöpfen. Ansonsten sind unsere Kollegen natürlich auch in einem größeren Kontext in Accenture unterwegs. und da bietet natürlich auch Accenture einen gewissen Rahmen an Weiterbildung, aber ich glaube, das ergibt sich.
Speaker0:[23:57] Uli, du hast auch nicht nur Jahre, sondern auch Jahrzehnte Erfahrungen mit Umbrüchen durch digitale Technologie. Wie sieht das denn in Bezug auf dich aus? Wie hast du dich denn da eigentlich immer gut verändert oder was hast du mit dir gemacht, mit dir selber? Wie hast du dich begleiten lassen? Aber auch natürlich, wie hast du denn in solchen Situationen als Führungskraft in Teams reagiert?
Speaker2:[24:17] Das Erste ist, den Mut zu haben, loszulassen und den Mut zu haben, sie auf Neues einzulassen. Das ist, glaube ich, Nummer eins. Und das hat manchmal einen externen Impuls, dass du irgendwie da so geschubst wirst. Das hat manchmal eine intrinsische Motivation. Aber ich finde immer das Gute, und das habe ich so in meinem Leben jetzt immer so festgestellt, wenn es sich komisch anfühlt, dann bist du in der Transformation. Also das ist ähnlich wie beim Masseur. Wenn der Schmerz, wenn er sagt, ich bin jetzt im Muskel, spüren sie den Schmerz, dann bist du in der Transformation. Und alles, was sich komisch anfühlt für dich selber, heißt auch, du selber findest dich in der Transformation. Du kannst in der Situation meist nicht ganz genau umschreiben, was es genau ist, was sich gerade da so rausfordert. Du merkst aber, du veränderst dich. Also du nimmst neue Dinge an, du versuchst halt bewusst verschiedene Elemente zu verändern. Und Frank hat eben so ein bisschen was angesprochen. Und es gibt immer so drei Dimensionen, die für mich immer so prägend waren. Entweder gehst du in eine andere Industrie, das ist ein Lahn-Effekt, du musst die Sprache lernen der anderen Industrie, das ist alles Deutsch immer noch oder Englisch, aber es ist trotzdem eine andere Sprache. Die Menschen sprechen da eine andere Sprache.
Speaker2:[25:28] Und das löst was in der Aus, nämlich das zu lernen. Oder du gehst halt in eine andere Kultur, das heißt in ein anderes Land, wo du halt auch wieder lernst, mit anderen Kulturkreisen zu interagieren und für dich selber logischerweise da was mitzunehmen. Oder du gehst tatsächlich hin in eine andere Rolle, also auf ein anderes Niveau, wo du halt wieder ein Stück weit lernst. Zwei von drei kannst du meist bärchen. Wenn du drei von drei machst, wird es extrem schwierig, Ich sage mal, für mich war immer so ein Symbol, wenn ich der Bestwissenste im Kreis war, habe ich was falsch gemacht. Und das hat für mich immer so einen Ausschlag gegeben zu sagen, okay, da musst du was verändern. Du musst Neues lernen, du musst irgendwie aus dieser Komfortzone rauskommen. Weil das ist ja auch ein schleichender Prozess. Keiner steht ja morgens auf und sagt, ich fühle mich wohl in meiner Komfortzone. Sondern jeder denkt, er ist da super unterwegs. Aber wenn du in einer Zeit lang in so einer Rolle drin bist, bist du in einer Komfortzone und merkst es vielleicht gar nicht. Und sich da bewusst rauszuschubsen, das habe ich immer genossen. Und deswegen war ich immer wild entschlossen, Aufgaben zu übernehmen, die bisher noch keiner geschafft hat. Wo alle gesagt haben, du spinnst. Und das hat mich immer so ein Stück weit rausgeschubst und hat auch permanent immer wieder dazu gebracht, neue Dinge zu lernen.
Speaker1:[26:43] Zwei Punkte, wo ich total relaten kann, wie man so schön sagt. Ich fange mal mit einem an, den du in einem deiner letzten Podcasts genannt hast. Kurz bevor so eine Transformation ansteht, überlegt man dann ja auch, oder wenn das Gefühl da ist, ich müsste mal was anderes machen. Und dann überlegt man, was mache ich denn? Und dann hast du gesagt, wenn man schon weiß, was man nicht möchte, hat man schon einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Und den kann ich nur unterstreichen. Ich glaube, das ist schon ein großer Erkenntnisgewinn. Und das Zweite, was du jetzt gerade gesagt hast, ist, wenn man sich selber unsicher fühlt, ist man selber in der Transformation. Und da kann ich auch nur sagen von mir, ich befinde mich gerade sehr in einer Transformation, weil diese Unsicherheit ist an jeder Ecke. Aber sie macht einem, man macht mir zumindest keine Angst, sondern ist eigentlich Herausforderung und Antrieb zu lernen.
Speaker0:[27:32] Mir fällt dazu noch eine Ergänzung ein. In so einer Situation, wenn du in so einer neuen Situation bist, dass du dich unsicher fühlst und dann sogar merkst, dass du mit dem, was du früher mal gelernt hast, jetzt plötzlich eine Anwendung findest und dich quasi weiterentwickeln kannst, das ich zuletzt genossen, dann ist das wirklich ein ganz, ganz tolles Gefühl. Und dann fühlt sich das ganz, ganz Neue, was dann noch kommt, gar nicht mehr so schwierig an, wenn man ja weiß, aber man hat diese Zyklen schon dadurch gemacht und auch das ist zu lernen. Und ja, das Thema Lernen, Frank, vielleicht noch die Frage, stellen wir uns mal vor, du wärst nochmal Anfang 20, wärst in dieser Welt jetzt quasi kurz vor deinem Berufsstart, Du wirst an der Universität Münster und guckst dich um, Systemen wie Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Blockchain, Cryptocurrencies, Cybersecurity, Fälle, you name it. Also alles, was da gerade so an buzzwords technologisch umherrscht wird. Und du hast dir vorgenommen, Führungskraft zu werden. Ja, welchen Rat würdest du denn so einem jungen Menschen mit auf den Weg geben, der sich ja im Rahmen dieser digitalen Revolution zurechtfinden muss? Was würdest du dem sagen wollen?
Speaker1:[28:38] Ja, ich glaube, zuerst würde ich dem oder meinem Jüngeren selbst sagen, studiere ich noch mal ein Jahr länger. Das ist eine schöne Zeit. Die Arbeit dauert noch lange genug, aber ich war damals eher so, dass ich unbedingt loslegen wollte und eigentlich froh war, dass ich die Theorie da hinter mir gelassen habe. Ich glaube, im Rückblick würde ich das vielleicht ein bisschen anders machen und würde mir da ein bisschen mehr Zeit gönnen. Ansonsten einfach neugierig zu sein, die Dinge auf sich zukommen zu lassen, selbstbewusst genug zu sein, auch mit Unklarheiten, mit Wissenslücken einfach umzugehen und das Vertrauen in sich zu haben, die Dinge zu lösen, gemeinsam im Team die Fähigkeiten zu ergänzen, die man vielleicht selber nicht hat und dann aus der Summe der Teile etwas Spannendes zu machen, zu vermeiden, dass man auf Dinge schaut, ja, mit einem Mindset wie das auch, das kann ich nicht schaffen oder das macht mir Angst. Ich glaube, es gibt keinen Grund, Angst zu haben. Gerade für die Kollegen und Kollegen, die jetzt Absolvent sind, tut sich ja gerade ein Riesenspektrum auf. Es gibt Arbeitsplätze, denke ich mal, sehr, sehr viele, eine Generation, die bald in Rente geht. Da gibt es eine ganze Menge zu besetzen. Es gibt neue Technologien, gerade die Universitätsabsolventen jetzt schon aus dem FF beherrschen, die wir vielleicht hier in Podcasts noch bestaunen, die für die jungen Kollegen schon Brot und Butter sind. Also ich glaube, da kann man mit sehr viel Optimismus einfach starten.
Speaker0:[30:05] Ich habe auch noch gelesen, dass bei der Stadt Köln von 22.000 Mitarbeitern jährlich jetzt 600 pro Jahr in den nächsten Dekaden in Rente gehen. Also tun sich wirklich sehr große Lücken auf und die werden ja nicht eins zu eins ersetzt, sondern entstehen ja dann aus den Stellen wieder ganz neue Möglichkeiten und ganz neue Profilskills. Uli, wenn du in den gleichen Schuhen gewesen wärst und neben dem Frank gesessen hättest in der Uni, als er das gesagt bekommen hätte, was hätte das mit dir gemacht?
Speaker2:[30:28] Also das resoniert natürlich komplett mit mir. Also ich bin schon immer jemand, der total Euphorie hat in Experimentieren, gewisse Dinge auf einen zukommen lassen. Wo ich ein Stück weit hadere, ist halt, ich glaube halt, in den jungen Jahren, sich noch ein bisschen mehr Zeit zu lassen, ist echt ein guter Rat. Ich hätte ihn gerne gehabt, hat mir keiner gesagt, sondern da war eher so nach dem Motto, jetzt irgendwann müssen wir mal Geld verdienen und musst mal gucken, dass du irgendwas machst. So nach dem Motto, am Anfang waren sie jung und brauchten das Geld. Ich sage ganz einfach, die Möglichkeiten, und deswegen resoniert das sehr stark, was Frank sagt, zu sagen, die Möglichkeiten in der Welt, in der wir uns gerade bewegen, sind schier unbegrenzt, um ganz offen zu sein. Also wir haben mit der Technologie und den Möglichkeiten der Menschen, die jetzt gerade so heranwachsen, jede Menge Potenzial, ungeklärte Fragen, die wir, wir drei hier, noch nicht gelöst haben, zu lösen. Und die Welt hat viele Fragen, die noch nicht gelöst sind. Und deswegen sage ich, es ist eine fantastische Zeit, aber da braucht es dieses Mindset zu sagen, ich bin offen dafür, ich sehe die Möglichkeiten und klinge nicht in das Lied der, jetzt kommt die KI und wird uns alle ersetzen und dann macht die KI alles, was wir schon immer gemacht haben. Das ist alles schön, aber das wird keine Differenzierung schaffen.
Speaker0:[31:50] Ich danke euch beiden vielmals. Das war ein sehr spannender Austausch und wie immer an dieser Stelle frage ich euch beide natürlich gerne, was habt ihr aus dem Gespräch mitgenommen? Uli, möchtest du starten?
Speaker2:[32:02] Sehr gerne. Ich habe aus dem Gespräch mit Frank und dir, lieber Markus, Folgendes mitgenommen. Thema Nummer eins ist, Komfortzone hinterfragen und sich öfter wirklich die Frage stellen, wird es nicht langsamer Zeit, mich aus dieser Komfortzone rauszuschubsen? Zweitens, Digital X und das Spektrum, was Frank jetzt gerade einmal aufgemacht hat, zeigt ja, dass wir nicht am Ende der Revolution sind. Also die verschiedenen Dekaden werden wahrscheinlich ein Stückchen schneller kommen und damit halt auch neue Möglichkeiten erlauben. Und das Dritte, was das mir sehr deutlich vor Augen geführt hat, mit dem demografischen Wandel, der vor uns steht, ich glaube, in den nächsten fünf Jahren entstehen so viele neue Stellen und so viele neue Möglichkeiten, die nicht das 1 zu 1 ersetzen, sondern eher ganz neue Jobprofile mit sich bringen und die diese Fragen, diese Welt hat, logischerweise lösen kann. Und daher vielen Dank für die Inspiration, Frank.
Speaker1:[32:59] Ja, vielen Dank, Uli. Und ich kann das nur zurückgeben. Die Punkte, die du nennst, teile ich alle. Und was ich mitnehme, ist, dass so ein Wechsel in der Rolle, in der Art und Weise, was man tut, dass ich da nicht alleine bin, sondern dass das an vielen Stellen vorkommt, dass, sag mal, ihr oder du, Uli, das mit deiner Erfahrung auch unterstützt und sagst, Mensch, das macht Sinn. Und ich nehme auch eine gewisse Confidence mit, dass sich diese Unsicherheit, die man selber fühlt, dass das jetzt eigentlich positiv zu bewerten ist, weil man Teil der Transformation ist.
Speaker0:[33:32] Frank, magst du unseren Zuhörerinnen und Zuhörern zum Schluss noch sagen, wo sie mehr über dich erfahren können und mit dir in Kontakt treten können, wenn sie das zu dem Thema heute gerne nochmal machen möchten?
Speaker1:[33:42] Ja, sehr gerne. Also ich bin natürlich auf LinkedIn zu finden. Das ist vermutlich der einfachste Weg. Ansonsten über die Accenture-Kanäle, wenn man den beruflichen Austausch sucht, ist das, glaube ich, der einfachste Weg.
Speaker0:[33:55] Danke dir sehr heute für die Zeit und für die Inspiration. Und ja, vielen Dank, dass du heute unser Gast warst.
Speaker1:[34:01] Sehr, sehr gerne und jederzeit wieder.
Speaker0:[34:03] Uli, und auch dir danke ich vielmals.
Speaker2:[34:05] Danke dir, lieber Markus. Und es war wieder ein Fest.
Speaker0:[34:08] Das war der Digital Pacemaker Podcast mit Frank Rütten, Managing Director bei Accenture. Weitere Informationen zu dieser Folge findet ihr natürlich wie immer in den Shownotes. Jetzt folgen oder abonnieren und keine Folge des Digital Pacemaker Podcast verpassen. Viel Spaß und bis bald. Euer Uli und Markus.
Speaker2:[34:25] Rock’n’Roll!
Music:[34:26] Music