mit Ulrich Irnich & Markus Kuckertz
Shownotes
„Wie wird Künstliche Intelligenz zur treibenden Kraft für nachhaltiges Wirtschaften?“ In Folge 65 diskutieren Uli und Markus mit Rainer Karcher, Geschäftsführer der Heartprint GmbH, über innovative Lösungen und praktische Ansätze. Mit über 25 Jahren Erfahrung in der IT-Welt, unter anderem in Schlüsselrollen bei Allianz Technology und Siemens, bringt Rainer fundiertes Fachwissen mit und zeigt auf, wie Unternehmen durch KI nicht nur ihren ökologischen Fußabdruck reduzieren, sondern auch ökonomisch profitieren können.
Die Diskussion reicht von KI-gesteuerten Lösungen zur Energieeinsparung in Rechenzentren bis hin zur nachhaltigen Optimierung von Lieferketten. Dabei stehen die Chancen ebenso im Fokus wie die Herausforderungen, die durch den Energiebedarf von KI entstehen – und wie Unternehmen diesen mit proaktiven Strategien begegnen können.
Anhand konkreter Praxisbeispiele zeigt Rainer auf, wie Technologie und Nachhaltigkeit eine symbiotische Beziehung eingehen. Das Gespräch macht deutlich, warum eine durchdachte IT-Strategie, die Nachhaltigkeit integriert, für Unternehmen unverzichtbar ist.
Wer mehr wissen möchte, findet hier weitere Informationen:
- Webseite der Heartprint GmbH: https://heartprint.eu
- Webseite der globalen Non-Profit-Organisation SustainableIT.org: https://www.sustainableit.org
- Webseite der gemeinnützigen Hacker School: https://hacker-school.de
- Episode 23 zur Hacker School mit Dr. Julia Freudenberg: https://bit.ly/4hbRklm
Euer Feedback zur Folge und Vorschläge für Themen und Gäst:innen sind sehr willkommen! Vernetzt Euch und diskutiert mit:
- Rainer Karcher: https://www.linkedin.com/in/rainerkarcher/
- Ulrich Irnich: https://www.linkedin.com/in/ulrichirnich/
- Markus Kuckertz: https://www.linkedin.com/in/markuskuckertz/
Mitwirkende – Hosts: Ulrich Irnich & Markus Kuckertz // Redaktion: Marcus Pawlik © Digital Pacemaker Podcast 2025
Zusammenfassung
In dieser Episode sprechen wir mit Rainer Karscher, dem Geschäftsführer der Hardprint GmbH, über die entscheidende Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) im Kontext nachhaltigen Wirtschaftens. Rainer, der auf eine beeindruckende Karriere im IT-Umfeld zurückblicken kann, bringt umfassende Erfahrung in der IT-Nachhaltigkeit mit und erläutert, warum eine IT-Strategie ohne Nachhaltigkeitskomponente nicht zukunftsfähig ist. Wir befassen uns mit den Chancen und Herausforderungen, die KI Unternehmen bietet, um ihre ökologischen Ziele besser erreichbar zu machen und gleichzeitig die damit verbundenen Risiken, wie den hohen Energiebedarf, nicht zu vernachlässigen.
Rainer argumentiert eindringlich, dass KI hinsichtlich der Ressourcenschonung und Effizienzsteigerung unverzichtbar ist. Dabei stellt er klar, dass nachhaltige Praktiken nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile bringen. Der Fokus sollte darauf liegen, wie KI Unternehmen dabei helfen kann, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern und gleichzeitig Ausgaben zu reduzieren. Uli und Rainer diskutieren, wie aktuelle Technologien genutzt werden können, um Rechenzentren effizienter zu betreiben und durch intelligente Datenmanagement-Strategien Transparenz in der Lieferkette zu schaffen.
Ein zentraler Aspekt des Gesprächs ist die Verantwortung der IT-Abteilungen, die aktiv in den Prozess der nachhaltigen Transformation eingebunden werden müssen. Rainer beleuchtet, wie notwendig es ist, dass Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit nicht als bloße Pflichtübung, sondern als integralen Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie betrachten. Der Diskurs umfasst auch die psychologischen und kulturellen Herausforderungen, die im Unternehmen bestehen, wenn es darum geht, alle Mitarbeitenden für das Thema zu sensibilisieren und sie zu aktivem Handeln zu motivieren.
Wir erkunden ferner, wie Unternehmen mit durch KI-gesteuerte Automatisierung von Reporting-Prozessen profitieren können, um menschliche Ressourcen von administrativen Aufgaben zu entlasten und ihnen mehr Zeit für strategische Überlegungen zu geben. Das Gespräch endet mit einem Ausblick darauf, wie die Rolle der IT in der kommenden Dekade gestaltet werden muss, um ESG-Ziele (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) erfolgreich zu integrieren. Rainer betont die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Neuausrichtung von Unternehmensstrukturen und -prozessen, um nicht nur nachhaltig zu agieren, sondern auch als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.
Das Gespräch bietet nicht nur wertvolle Einblicke in die Möglichkeiten, die KI für nachhaltiges Wirtschaften bietet, sondern regt auch dazu an, wie individuelle Verantwortung und unternehmerisches Handeln miteinander verknüpft werden können, um einen echten Unterschied zu machen.
Transkript
Speaker0:[0:00] Da kommt jetzt der Faktor Mensch auch wieder ins Spiel. Nachhaltigkeitsverantwortliche haben selten ein Interesse daran, einfach nur Berichterstattung zu erfüllen. Das löst nämlich keine der Probleme, die wir haben. Das heißt, wenn ich wirklich ernsthaft nachhaltig und zukunftsorientiert arbeiten möchte, und das ist ja die Zielsetzung, die man hat, wenn man sich in dieses Themenfeld auch karrieremäßig begibt, dann möchte ich gerne natürlich meine Zeit auch für sinnvolle Dinge verwenden, das Unternehmen zukunftsfähig zu machen und nachhaltig die Produkte oder die Services gestalten zu können. Und das kann ich dann, wenn ich natürlich nicht zwei Drittel meiner Zeit mit Reportings verbringe, sondern das Ganze digital läuft.
Music:[0:31] Music
Speaker0:[0:46] Herzlich willkommen zum Digital Pacemaker Podcast mit Uli Oehrnig und mit mir Markus Kuckertz. Lieber Uli, wie geht es dir heute? Mir geht es hervorragend. Der Schnee taut ja so ein bisschen weg. Die Frosttemperaturen gehen wieder ein bisschen nach oben. Also das heißt, es wird ein bisschen Winter, aber trotzdem fühlt sich schon ein bisschen mit Sonnenschein wie Frühling an. Heute sprechen wir darüber, wie künstliche Intelligenz zum Gainchanger für nachhaltiges Wirtschaften werden kann. Unser Gast ist Rainer Karscher, Geschäftsführer der Hardprint GmbH. Ich freue mich, Rainer, dass du heute bei uns zu Gast bist. Vielen lieben Dank, dass ich hier sein darf und freut mich ebenfalls sehr. Rainer ist Gründer und Geschäftsführer der Hardprint GmbH, einem Beratungsunternehmen, das Unternehmen bei der digitalen und nachhaltigen Transformation unterstützt. Mit über 25 Jahren Berufserfahrung im IT-Umfeld war Rainer zuletzt Head of IT Sustainability bei Allianz Technology und Global Director IT Sustainability bei Siemens, wo er unter anderem die erste unternehmensweite IT-Nachhaltigkeitsstrategie initiiert und umgesetzt hat. Lieber Rainer, wir haben uns natürlich im Vorfeld mit dir und deinen Themen beschäftigt und du stellst folgende Thesen zur Diskussion.
Speaker0:[1:50] Du sagst, eine IT-Strategie ohne Nachhaltigkeit ist keine zukunftsfähige Strategie, nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch. Dann sagst du, künstliche Intelligenz bietet enorme Chancen zur Lösung ökologischer Herausforderungen, aber nur, wenn auch die Risiken wie der hohe Energiebedarf systematisch angegangen werden. Und zu guter Letzt sagst du, Nachhaltigkeit in der IT wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren kein freiwilliger Bonus mehr sein, sondern die Basis für wirtschaftlichen Erfolg. Wer nicht handelt, läuft Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Uli, wenn du an die Verbindung von Technologie und Nachhaltigkeit denkst, hast du ja auch eine ganze Menge Erfahrung gemacht. Welche Chancen siehst du dabei, aber auch welche Herausforderungen fallen dir da spontan ein?
Speaker0:[2:32] Also fangen wir mal mit den Herausforderungen an. Also ich meine gerade, ich sage es einfach mal, das muss man halt einfach wissen, Milliarden von Menschen nutzen Generative AI und jeder Prompt, jede Suchanfrage ist drei bis sechs Mal, braucht mehr Energie, als wenn ich eine Google-Suche starte. Und das klingt im Einzelschritt immer ganz, ganz, ganz wenig, aber durch die großen Zahlen ist das natürlich eine große Skalierung, die dahinter stattfindet. Und wir sehen es ja auch ein bisschen, wir haben das schon mal in den letzten Folgen diskutiert, wenn Meta jetzt in Kernforschungsanlagen investiert, um Energie sicherzustellen, dass da ein riesen Appetit hintersteckt. Das ist, ich würde mal sagen, die dunkle Seite der Technologie und Energie. Auf der anderen Seite sage ich, wir haben aber auch mit Technologie und auch gerade mit KI Möglichkeiten, Energien deutlich besser zu steuern. Also siehe zum Beispiel, ich fahre Mobilfunknetze über Nacht runter und sobald ich Bewegungsalarme habe, geht das langsam wieder hoch. Damit spare ich Energie. Oder ich fahre in Glasfaser die Lichtsensoren runter über Nacht, um sie wieder hochzufahren. Alles das sind Möglichkeiten, die über künstliche Intelligenz logischerweise gesteuert werden können und die uns in ganz neue Möglichkeiten führen. Also daher würde ich mal sagen, und wir wissen auch, Murschegesetz, alle 18 Monate verdoppelt sich die Leistung. Da gibt es aber auch einen Gegenläufer, der sagt aber auch durch die Kompression der entsprechenden Speicherschipps, gibt es halt auch eine Energiedichte, die weiter runter geht. Und das hilft uns auch wiederum, weiterhin Energie zu sparen.
Speaker0:[4:00] Also daher sage ich, ich glaube, wir haben im Moment mehr Chancen, da einen entsprechenden Beitrag über künstliche Intelligenz zu leisten als Nachteile. Aber, und das würde ich jede Hörerin und Jürgenhörer zu einladen, bei allem, was ihr tut, sowohl bei Google-Anfragen als auch bei Prompting auf Generative AI, bedenkt bitte, das verbraucht Energie und muss das wirklich sein. Also vielleicht mal so ein kleiner Appell. So, lieber Rainer, ich bin erstmal froh, dass du hier bist und ich fange mit der ersten Frage an, die mich natürlich so ein bisschen beschäftigt. Du hast natürlich jetzt schon einiges an Karriere hinter dir und hast viele Dinge gesehen. Wie ist in deiner Sicht jetzt so ein bisschen auf KI und Energieeinsparung in allgemein? Also was erzählst du deinen Kunden?
Speaker0:[4:44] Also grundsätzlich bietet KI sehr, sehr viele Chancen. Da bin ich absolut bei dem, was du sagst. Und ich sehe es jetzt im IT-Umfeld, speziell im Kontext von Rechenzentren. Die These, die ich aufgestellt habe, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren das Thema definitiv kein nettes Beibrot und Zubrot mehr ist, sondern ein Zwang wird, das beschleunigt sich gerade massiv. Denn Energiekosten, steigende Kosten insgesamt für Unternehmen, die zwingen natürlich dazu, Effizienz ins Unternehmen zu bringen. Und gerade im Rechenzentrumsumfeld ist es umso wichtiger. Und wenn ich jetzt zum Beispiel mir mal angucke, wie heutzutage Temperatur und Kühlungssteuerung in Rechenzentren gemacht wird, dann ist das meistens einmal eingestellt und dann läuft das auf alle Zeiten hinaus. Da habe ich natürlich massiv Chancen und kann Energie einsparen. Und wo ich Energie einspare, das ist diese Kombination, die ich ebenfalls meinte in meiner These, ist es ein ökonomischer Aspekt, dann spare ich mir auch Geld. Und das sind, glaube ich, genau die Themen, wo es definitiv viele Chancen bietet. Das geht genauso gut auch in die Richtung der Transparenz. Das heißt, in Einkaufs-, in Beschaffungsprozessen, aber auch in End-of-Life-Prozessen, überall dort. Und sowieso in der Use-Phase habe ich natürlich Möglichkeiten, durch künstliche Intelligenz deutlich energieeffizienter und auch material- und ressourceneffizienter zu sein. Aber wie du es schon gesagt hast, das hat alles seinen Preis. Das heißt, an vielen Stellen muss man sich genau überlegen, wie hoch ist der Aufwand und was ist der Nutzen, den ich dabei erzielen kann. Und die Optimierung ist natürlich da definitiv eine große Chance. Aber wie gesagt, sie hat dementsprechend auch einen Preis.
Speaker0:[6:04] Ja klar. Wann war denn für dich eigentlich so der Punkt, wo neben der Affinität für IT tatsächlich das Thema Effizienz und Nachhaltigkeit mit in den Fokus gekommen ist?
Speaker0:[6:15] Ja, das Nachhaltigkeitsthema kam mit, wie es bei ganz vielen Menschen ist, die ich kenne, im Geburt unserer ersten Tochter vor mittlerweile 13 Jahren, beziehungsweise schon einen Ticken zuvor, als meine Frau schwanger war und ich mich damit beschäftigt habe, was will mein Kind und soll mein Kind mal später für Kleidung tragen, welche Nahrung soll es bekommen und in welchem Umfeld soll es eigentlich aufwachsen. So die Basics, die Kernelemente und das ist, was ich bis heute gerne erzähle, weil das Nachhaltigkeit bedeutet. Mittlerweile ist Sustainability, Nachhaltigkeit inflationär gebraucht und bei vielen Menschen sofort in einer Schublade, zum Teil auch mittlerweile in einer relativ negativen. Es geht aber am Ende um nicht viel mehr, als einfach nur ein gesundes Leben führen zu können und eine Basis um uns herum zu finden, wo es uns einfach als Menschen gut geht und wo niemand zu Schaden kommt. Und das hat den Auslöser gebracht, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen. Ich habe aber auch sehr schnell gemerkt, meine Grundlage, meine Basis ist nun mal das, was ich bin und was ich gelernt habe, nämlich Informatiker und IT. Und dementsprechend war klar, ich brauche da eine Verbindung und eine Kombination zu. Und das, was es im Unternehmenskontext braucht, was ich auch meinen Kundinnen und Kunden immer erzähle, Wenn ich sofort mit Rieseninvestitionen summe, mit Riesen, wir müssen das und jenes und dieses ändern, um nachhaltiger zu werden komme.
Speaker0:[7:22] Dann finde ich selten bis nie eine Zustimmung und selten bis nie eine Akzeptanz, Budget dafür zu investieren. Das heißt, in dem Moment, wo ich bei GeschäftsführerInnen stehe, bei AufsichtsrätInnen stehe, dann habe ich natürlich die Unterwendigkeit, auch ein Stück weit in den ökonomischen Aspekt aufzuzeigen und da ist Energieeffizienz einfach immer ein maßgebliches Element. Das schließt Rechenzentren mit ein, das geht genauso in Gebäudeeffizienz. Wenn ich jetzt von den großen Unternehmen, die vorhin ja auch genannt waren, bei denen ich gearbeitet habe, mal ausgehe, wie viele Gebäude über Wochenenden, über Feiertage hinweg, einfach wenn man vergisst, das Licht auszuschalten oder vergisst, die Heizung runterzufahren oder vergisst, mal vielleicht das andere an Anlagen runterzufahren, überall dort kann ich massiv Energie sparen, automatisiert, ohne dass Menschen das irgendwie manuell betrachten müssen und kann einfach damit auch Geld sparen. Und damit ist das für mich immer ein sehr gutes Einstiegselement.
Speaker0:[8:12] Du hast jetzt von dem Thema Energie gesprochen. Was ist so im Jahr 2025 sonst ein guter Quick-Win, wenn du in so eine Kundensituation gerätst, wo du um Rat gefragt wirst? Was sind so die typischen Maßnahmen, wo man zuerst ansetzt?
Speaker0:[8:25] Also tatsächlich im IT-Sinne natürlich auch Hardware und Equipment. Das sind je nach Unternehmensgröße die Hebel, die ich natürlich in der Hand halte. Das geht los über Lebenszeiten überhaupt, das mal zu diskutieren. Muss ich alle drei Jahre oder sogar noch schneller das Neueste vom Smartphone irgendwie haben und muss ich das jedes Mal immer, wenn dann das neueste Smartphone da ist, das alte einfach in die Schublade legen? Das passiert meistens. Ich kenne in vielen Unternehmen Lagerräume, wo stabelweise das Altequipment steht, anstatt es tatsächlich vielleicht mal sinnvoll weiterzuverwenden oder zum Beispiel durch eine Aufbereitung, durch Refurbishment auch noch in eine Zweitnutzung zu bringen. Das heißt, das ist ein extremst schneller Win, da zu sagen, ich nutze sowas und dann kommt in dem Kontext auch immer eine soziale Komponente mit dazu und die ist meines Erachtens nach massiv wichtig, weil ich damit einen Purpose erzeuge und eine Emotion erzeuge. Nachhaltigkeit. Aber wenn ich auf ökologische Nachhaltigkeit gucke, hat immer so ein bisschen einen sperrigen Aspekt und das ist, naja, CO2 reduzieren, aber was ist CO2, kann ich nicht sehen und im Zweifel fühle ich es auch nicht. Vielleicht die Auswirkungen davon, die schon durch steigende Temperaturen, Klimakrise, Unwetterereignisse und Co.
Speaker0:[9:25] Oder jetzt gerade jüngst in Los Angeles zum Beispiel die Feuer. Das sind Dinge, die sind aber deutlich weiter weg und ich habe nicht einen direkten Einfluss darauf und ich sehe es nicht sofort. Während soziale Nachhaltigkeit, das heißt, wenn ich Menschen, Menschenrechte zum Beispiel optimieren kann, wenn ich Inklusion aktiv unterstützen kann, wenn ich Menschen zum Beispiel, und jetzt um den Bogen zu schließen, das Thema Equipment, anstatt es in den Keller zu legen und einfach dort liegen zu lassen, bis es irgendwann mal weggeworfen werden muss und entsorgt wird, die Geräte aufbereite, das vielleicht mit dem Unternehmen tue, die Inklusion unterstützen und solche Unternehmen gibt es in Deutschland und dann diese Geräte spende. So haben wir das getan in der Zeit, in der ich bei Siemens war zum Beispiel, an Menschen, die in der Pandemie Homeschooling mit ihren Kindern machen wollten, aber kein Equipment hatten.
Speaker0:[10:05] Als der Angriffskrieg in Ukraine losging, haben wir Geräte an Menschen, die geflüchtet sind und flüchten mussten, übergeben, um Kontakt zu halten mit den Vätern und den Männern zu Hause. Und das kann ich natürlich direkt verbinden mit dann auch einem positiven Feedback. Und was ich immer sehr gerne erzähle, ist gerade in der IT, wir sind meistens diejenigen, die einen Anruf kriegen, wenn irgendwas nicht funktioniert. Nachts um zwei, weil wieder irgendwie was zu langsam war oder der Mail-Server stand oder sonstiges. Uns ruft man im seltensten Fall an und sagt, hey, cool, das war jetzt echt toll, danke. Wenn ich aber jetzt solche Geräte nehme aus meinem Keller und die dann im Prinzip verspende und Menschen zukommen lasse, dann kommt da auf einmal eine Emotion, dann kommt auf einmal ein Dankeschön, zum Teil auch ein sehr emotionales Dankeschön und das holt Menschen ab, das nimmt Menschen mit und das führt am Ende nicht nur zu einem Quick Win, sondern das führt dazu, dass ich eine Verbindung schaffe und dass ich aus diesem Akronym, aus diesem großen, blümeranten Nachhaltigkeitsthema dann am Ende was Greifbares mache, wo Menschen auf einmal eine Mehrwärterin sehen und dann auch Lust dazu haben, sich aktiv weiter einzubringen.
Speaker0:[11:05] Über den emotionalen Wert hinaus gibt es sicherlich aber auch gerade in größeren Organisationen immer das Bedürfnis, das dann auch irgendwie messbar zu machen und in Zahlen nachzuweisen. Was sind denn so typische KPIs, die du dann empfiehlst, an denen man das eben besonders sichtbar machen kann, dass da ein Erfolg auftritt?
Speaker0:[11:20] Also er hängt natürlich an der Unternehmensgröße. Die großen Konzerne haben durch Regulation auf europäischer Ebene, Stichwort CSRD, also für diejenigen, die jetzt den Nachhaltigkeitsakronymen nicht ganz so flüssig sind, das ist die Corporate Sustainability Reporting Directive, kommt aus dem europäischen Green Deal, also auf dem Programm von der lieben Frau van der Leyen, die versucht die Klimaneutralität in der EU voranzubringen, indem man eine Berichtspflicht einführt. Das heißt Unternehmen, die heute schon eine nicht finanzielle Berichtspflicht erfüllen, die sind jetzt schon seit dem letzten Jahr und jetzt geht es sukzessive immer weiter runter auch für mittelständische Unternehmungen, dann seit jetzt diesem Jahr auf Unternehmensgrößen, die schon deutlich unter der Konzernstruktur sind.
Speaker0:[11:59] Muss ich Nachhaltigkeit allumfassend berichten. Und da sind natürlich dann sehr, sehr viele KPIs drin. Aber maßgeblich für mich ist tatsächlich für den Einstieg erstmal das Thema Energie und Energieverbrauch. Das ist ein generalistisches Thema, was sich dann auch übersetzen lässt in ein CO2. Das heißt, dann habe ich direkt ein Äquivalent. Man kann da zum Beispiel mir auch überlegen, ob ich Klimaneutralität als Ziel setze, ob ich mir eine Zielsetzung gebe mit einer Reduktion zumindest mal in einem gewissen Umfeld. Hängt natürlich immer sehr stark ab, in welchem Business die Kunden dann sind. Jemand, der klassisch vielleicht mit Stahl arbeitet und eine Schmelze hat irgendwo in Dortmund oder so, bei denen ist es natürlich ein ganz anderes Thema, als wenn ich jetzt von einem Versicherungskonzern spreche, wo ein virtuelles Business in erster Linie nicht existiert. Also immer situativ zu sehen. Was natürlich durchaus für mich auch griffbare und greifbare Dinge sind, ist zum Beispiel die Recycling- und Refurbishment-Quote. Das ist ein Stück weit auch wieder abgeleitet aus dem Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung. Also jetzt auf die CSAD wieder bezogen, gibt es das sogar mittlerweile als Berichtspflicht. Die macht aber so oder so auch Sinn. Dann, wenn ich jetzt in kleinere Gefilde gucke, Rechenzentren zum Beispiel.
Speaker0:[13:03] Das Thema erneuerbare Energieeffizienzgesetz, was da mit rein spielt, das ist jetzt seit diesem Jahr für zumindest auch die Eigenbetriebe, die über einen bestimmten Schwellwert liegen im Strom, in der Nennleistung, durchaus auch relevant. Und da geht es zum Beispiel in Richtung des PUEs, also der Power Efficiency, die Effizienz des Rechenzentrums. Das heißt, wie viele Services, wie viele Systeme betreibe ich mit welchem Kühlungsaufwand, mit welcher Abwärme und mit welchem Strom. Das in der Relation zu sehen, ist definitiv auch für mich ein relevanter Wert, jetzt gerade auf die IT mal gesprochen, um einfach mal so ein bisschen was grob mal reinzuwerfen für den Anfang.
Speaker0:[13:36] Du hast ja die Perspektive des Chief Sustainability Officers in großen Konzernen eingenommen. Was sind denn so die typischen Hürden, die du bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit in den Bereichen Strategie, IT-Strategie siehst und gibt es da Besonderheiten bei global agierenden Unternehmen, die du beobachtet hast? Also zum einen ist es die Sprache ganz einfach schlichtweg. Wir sind leider in sowohl der IT, aber auch in der Nachhaltigkeit immer sehr gerne mit Akronymen unterwegs und mit tausenden von Abkürzungen und speziellen Begrifflichkeiten, die man im Zweifel erstmal gar nicht versteht. Darüber hinaus ist es speziell in der IT und wie gesagt, ich bin seit 1997 in der IT unterwegs und ich habe diese typischen jedes Jahr 3% Produktivität und Kostensparen hier und Nearshore Offshore da, die kenne ich alle, die kenne ich sehr, sehr gut. Und ich weiß auch, dass gerade in der IT Ressourcen jetzt nicht gerade im Überfluss vorhanden sind im Normalfall. Das heißt, eines der Kernprobleme, was man hat, ist, wenn ich jetzt komme und sage, ja, wir brauchen jetzt hier ein strategisches Element für Nachhaltigkeit, dann kommt erstmal die Aussage, ja, das jetzt auch noch. Halleluja. Dankeschön. Ich habe da eh schon so viel zu tun. Ein operativer Betrieb geht sowieso immer vor. Und Cyber Security ist ja auch wichtig. Jetzt willst du auch noch nachhaltig werden. Was ist denn der Quatsch eigentlich? Das heißt, da ist so ein bisschen der Widerstand aus den operativen Einheiten ganz häufig da und auch nachvollziehbarerweise da.
Speaker0:[14:54] Strategisch wichtig ist es, dieses Thema in die Übersetzung zu bringen, dass den Kolleginnen und Kollegen überhaupt erst mal klar wird, worin liegt denn eigentlich der eigentliche Mehrwert und was haben sie selbst auch davon, um dann auch einen Anreiz zu schaffen, zu sagen, ich hätte gerne mich selbst mit eingebracht durch das eine oder das andere. Und was ich da sehr häufig erlebt habe, ist, wenn man den Menschen, den Kolleginnen und Kollegen mal eine Chance gibt, auch gehört zu werden, den eigenen Verantwortungsbereich mit einzubringen, dann kommen auf einmal ganz coole Ideen dabei raus und wenn man dann noch ein Stück weit schafft, dem Ganzen Wertschätzung zu verpassen und das ist so ein bisschen noch die Rolle, in der ich mich in der Vergangenheit gesehen habe in dem Unternehmen und mich jetzt auch sehe in der beratenden Funktion, eine Übersetzungsleistung zu kriegen von Mitarbeitenden, Strukturen operativ hoch ins Top-Management und umgedreht und ein Stück weit auch zu koordinieren, zu steuern, wo sind die Prioritäten. Dass ich vielleicht nicht das achte Mal diskutieren muss, worum es denn keine vegane Ernährung in der Kantine gibt, die im Kontext von IT wenig.
Speaker0:[15:49] Relevanz hat, die aber sehr häufig kommt und aber im Rumgedrehten auch nicht immer nur ökonomische Aspekte betrachte, die halt vielleicht eher aus Management-Sicht mehr Relevanz haben. Das heißt, ich muss da ein Stück weit diese Gratwanderung hinkriegen und versuchen, in beide Richtungen eine Motivation zu erzeugen, sich aktiv in das Thema einbringen zu wollen. Und ganz häufig sind es dann für mich auch erstaunlich Elemente, die man vielleicht am Anfang gar nicht auf dem Radar hat, die auf Basis von persönlichen Aspekten dann beruhen. Wenn dann vielleicht der CIO oder die CIO persönlich eine Beziehung zu Bildungsaspekten hat, so mal in der Vergangenheit bei mir der Fall gewesen und eine Affinität, dann ist das vielleicht ein Aspekt, mit dem ich arbeiten kann und wo ich direkt mal einen Zugangspunkt finde. Und wenn ich vielleicht bei jemand anderem eher in Richtung von Inklusion einen Andruckpunkt finde, dann ist es genau da auch wiederum der Aspekt. Und das rauszuarbeiten und ein Stück weit zu finden, wo ist jetzt hier gerade ein Interesse, dass es individual in jedem Unternehmen, in jedem Umfeld ein anderes Thema, weil es ein persönliches Thema ist und am einzelnen Menschen hängt. Und das ist natürlich auch durchaus eine Schwierigkeit. Uli, die Rolle als CIO in einem global agierenden Unternehmen kennst du auch. Was waren denn so deine Beobachtungen, woran Bemühungen rund um Nachhaltigkeit, vor allem im IT-Umfeld gescheitert sind?
Speaker0:[17:00] Grundsätzlich ist es erstmal Bewusstsein schaffen. Diese typischen Themen und Reflexe, wir haben jetzt hier ein Ziel, bitte umsetzen, hilft nicht. Also ideal muss ich halt, also wenn ich es schaffe, tatsächlich an den Purpose der Leute zu kommen, gemeinsam eine Aufbruchstimmung zu generieren, dann geschehen Dinge auch. Für mich ist immer so das typische Beispiel und Vergleich darauf ist, das gleiche gilt ja mit IT-Sicherheit. IT-Sicherheit ist nichts Neues, aber in der Vergangenheit war es immer, hier ist die IT-Sicherheitsabteilung, da ist die IT und die IT-Sicherheitsabteilung sagt der IT, was zu tun ist. Das hat sich Gott sei Dank gewandelt, dass man das gemeinsam sieht und macht halt Secure by Design, also bei allen Entwicklungen, bilde ich erst direkt mit rein, schafft das hinzustellen. Und so ist es halt logischerweise auch bei solchen Themen wie Nachhaltigkeit notwendig, dass die Menschen verstehen, warum passiert das und welchen Beitrag können sie dazu leisten und dann kannst du auch relativ schnell Leute mitnehmen. Aber wenn es so typisch und Großunternehmen, hier sind unsere Top-Prioritäten, bitte mach mal, das gibt nichts.
Speaker0:[18:02] Und ich appelliere immer daran, tatsächlich Menschen abzuholen, mitzunehmen und halt genau, wie du sagst Rainer, die Ideen abzugreifen und dann einen gemeinsamen Purpose zu schaffen, der das nach vorne treibt. Und wenn ich da ergänzen darf, witzigerweise, ich nutze das Thema Cyber Security auch immer gerne als Beispiel, weil ich kenne das auch. In den Ende der 90er, Anfang der 2000er, da hast du bei Cyber Security, und das ist jetzt Schublade pur, aber du hast an Menschen gedacht, meistens mit langen Haaren, blass, die irgendwo im Keller mit einem Liter Cola und einer Pizzabox vor sich irgendwie am Rechner rumhacken, am besten auf irgendwelchen Greenscreens.
Speaker0:[18:38] Das ist so ein Thema, was in den Köpfen ist und das ist zumindest bis vor noch zwei, drei Jahren auch bei Nachhaltigkeit nicht viel anders gewesen. Wenn da jemand gesagt hat, hier kommt einer, der sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt, dann war da ein Bild im Kopf, meistens mit selbst gebartigten Hosen und dem Birkenstock und so, was völliger Blödsinn ist, aber das war, was in den Köpfen steckte. Und genau wie du es gesagt hast, Uli, was wir brauchen ist, das Thema muss raus aus dieser Schublade, rein in die Masse und in das Verständnis. Der Spruch, den ich da immer sehr gerne geprägt habe und auch heute noch so tue, ist, die Nachhaltigkeitsverantwortlichen machen dann ihren Job richtig, wenn man sie irgendwann nicht mehr braucht, weil alle verstanden haben, was ihre eigentliche Rolle ist und wo die Selbstverantwortung liegt, Nachhaltigkeit im tagtäglichen Job umzusetzen. Und das ist Cyber Security gelungen, das ist da heute. Mittlerweile klickt in den meisten Unternehmen niemand mehr einfach so eine Mail, wenn da jetzt kommt, Paket konnte nicht zugestellt werden, bitte hier Ihre Informationen eingeben, dann macht das niemand. Und warum? Weil wir lange daraufhin trainiert wurden und weil man mit ganz, ganz vielen Initiativen und Schulungsmaßnahmen und Awareness-Kampagnen und Co. Genau das geschafft hat, wo Nachhaltigkeit erst noch hinkommen muss und es aktuell noch nicht ist. Aber ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Und ich glaube, vielleicht noch eine Zusatzergänzung, ich glaube, das Entscheidende dabei ist, es muss halt wirklich auch so gelebt sein. Es darf kein Lippenbekenntnis sein, sondern es muss wirklich auch im Unternehmen verankert sein.
Speaker0:[19:58] Ansonsten erkennen Menschen automatisch, dass das nur irgendeine nächste Sau ist, die so rausgetrieben wird. Und das muss halt wirklich nachhaltig sein und halt auch vorgelebt werden.
Speaker0:[20:08] Genau. Und das ist, glaube ich, ein Stichwort, das, was extremst wichtig ist, meiner Meinung nach, lead by Example. Also wenn ich natürlich die Führungsetage habe, die im Zweitagesrhythmus durch die Gegend chattet und mit einem privaten Flugzeug irgendwo in der Gegend rumfliegt, gleichzeitig im, weiß ich nicht, Zwölfmonatsrhythmus das neueste iPhone oder den neuesten Samsung Galaxies nachläuft, dann funktioniert natürlich nicht, wenn die dann sagen, aber ihr müsst jetzt alle nachhaltig agieren. Das klappt nicht. Lead-by-Example heißt auch im sozialen Nachhaltigkeitsaspekt, um jetzt da noch ein bisschen die Lanze zu brechen, ich habe sowohl in meinem letzten als auch in meinem vorletzten Arbeitsumfeld Gott sei Dank Vorgesetzte in beiderlei Fällen weibliche gehabt, die dann zum Beispiel in solchen Initiativen mit dabei waren, wo wir dann gesagt haben, wir machen mal einen Hackerschool-Kurs zum Beispiel, bringen jungen Menschen Coding und Scripting bei. Na ja, dann war die CIO in beiden Fällen einfach aktiv mit dabei und dann waren wir zu zweit mal vier Stunden lang vor einer achten Klasse gestanden, haben gecodet und HTML gemacht und hatten beide ordentlich zu tun, das wieder aus dem Gedächtnis rauszukramen, was 25 Jahre her mal irgendwo rauskam. Aber sie war halt da mit dabei und das macht einfach nochmal ein ganz anderes Signal in die Belegschaft rein. Definitiv. Und das ist ein Werbeblock für Julia Freudenberg zum Thema Hacker School und Inspiral werden. Also für alle, die jetzt zuhören und sagen, ich will sowas auch mal machen, bitte da melden. Das ist gar kein Problem und hilft tatsächlich uns als Gesellschaft. Absolut. Danke, Uli.
Speaker0:[21:29] Kommen wir zum Thema Künstliche Intelligenz als Chance zur Lösung ökologischer Herausforderungen. Ja, wie kann denn Künstliche Intelligenz Unternehmen helfen, ihre Nachhaltigkeitsziele schneller und effizienter zu erreichen? Was sind denn da gute Beispiele, die du erlebt hast? Also jetzt mal auf die IT wieder gesprochen ist, wenn man Nachhaltigkeit in der IT und durch die IT so ein bisschen in Säulen aufbricht, dann hat man natürlich den Fußabdruck auf der einen Seite, das heißt, wie kann ich, und die Beispiele hatten wir ja vorhin schon, das Thema Energieeffizienz unterstützen, wo kann ich meinen Fußabdruck, den die IT erzeugt, geringer gestalten, kleiner machen, das sind definitiv Dinge, wo man mit KI Unterstützungsleistung bringen kann. Für mich aber fast noch viel wichtiger ist, was kann aus der IT heraus, wo kann die Digitalisierung einen Mehrwert leisten. Da spricht man vom Handabdruck. Das heißt, überall dort, wo ich Tools einsetzen kann, um Automatisierungen zu erreichen, um Transparenzen zu schaffen, um Daten zum Beispiel automatisiert zu ermitteln. Überall dort hilft natürlich das Thema IT, jetzt nicht aktiv den Fußabdruck zu reduzieren, aber zum Beispiel Ressourcen freizuschaufeln. Und das ist gerade im Kontext des vorhin angesprochenen Reporting, CSID kommt vollumfänglich mit über 1000 KPIs, das heißt über 1000 Zahlen und Werte, die ich ermitteln muss. Wenn ich jetzt ein großes Unternehmen bin, wie jetzt ein weltumspannender Konzern, ein globaler Konzern, und das war vorhin ja auch eine deiner Fragen, was erlebe ich da so in dem Kontext global? Was ist da der Unterschied? Naja, die Komplexität ist natürlich nochmal eine ganz andere. Das heißt, im Zweifel habe ich hunderte oder sogar tausende von Datenquellen.
Speaker0:[22:54] Wenn ich mir das Thema Lieferketten und Lieferketten-Sorgfaltspflicht und auch da Transparenz angucke, auch da, wenn ich mir angucke, mein Vor- und Vorarbeitgeber, die Siemens, hatte in Summe 61.000 Tier-One-Supplier. Wenn ich von 61.000 Tier-One-Supplieren natürlich eine Transparenz brauche und das mit Excel mache, dann weiß ich heute schon, was das bedeutet. So viele Menschen kann ich gar nicht beschäftigen in dem Unternehmen und zahlen kann ich es schon gleich zweimal nicht. Und da gibt es mittlerweile wahnsinnig gute Tools, sowohl für das Thema Lieferkette als auch Supplier zum Beispiel mit einzubeziehen oder auch dann Quelldaten zu ermitteln. Wenn ich das Thema Reporting jetzt mal greife, was wir vorhin hatten mit Stromverbrauch, ich kann jetzt entweder manuell aus irgendwelchen Rechnungen, aus Buchhaltungssystemen mir den Wert, die Gigawattstunden, Kilowattstunden rausschreiben und in den Excel-Sheet eintragen und daraus das Reporting füttern. Kostet mich manuell einen Aufwand, sowohl beim Befüttern als auch später, wenn das Thema auditiert werden sollte. Oder aber ich gehe direkt über eine Schnittstelle an die Quelldaten und suche mir das raus und verbinde das Ganze direkt hoch ins Reporting-System. Und da hilft KI zum Beispiel in der Ermittlung der Quelldaten. KI kann helfen, überhaupt mal erstmal zu screenen über alle der relevanten Datenfelder hinweg. Wo könnte ich diesen Datensatz herkriegen? Über welchen Weg kriege ich den? Welche Berechtigung braucht es dafür? wer ist dafür zuständig, über Data Governance zum Beispiel dann überhaupt mal sprechen zu können.
Speaker0:[24:12] Überall dort gibt es diese Möglichkeiten. Ein weiteres Themenfeld, was glaube ich im Umfeld von Unternehmen durchaus auch Relevanz hat, sind dann die Kredibilität. Das heißt, wenn ich verifiziert sein möchte mit Ratings, das heißt ein Ecovades Rating, ein CDP Rating und was es nicht so in diese Richtung alles gibt. Überall dort brauche ich einen Riesenfragenkatalog, den ich einmal im Jahr ausfüllen muss. Ecovades sind irgendwas um die 140 Fragen. Wenn ich das manuell mache, Aufwand von sechs Wochen. Wenn ich das Ganze mit, und die Tools gibt es mittlerweile.
Speaker0:[24:42] Automatisiert, KI-unterstützt befüllen lasse und dann in Anführungszeichen nur noch verifizieren muss und nur noch die Differenz vom Vorjahr zum Beispiel abgleichen muss, dann kostet mich das halt keine sechs Wochen mehr, sondern vielleicht noch drei bis vier Tage. Denn ich kann 70 bis 80 Prozent automatisiert befüllen lassen mit einer KI und mit einer entsprechenden Struktur, einer Datenstruktur, die dann drunter liegt, kriege ich da eine relativ gute Automatisierung hin. Und das sind einfach mal ganz konkret zwei Beispiele, wo man das definitiv nutzen kann. Warum hat das eine Relevanz? Da kommt jetzt der Faktor Mensch auch wieder ins Spiel.
Speaker0:[25:13] Nachhaltigkeitsverantwortliche haben selten ein Interesse daran, einfach nur Berichterstattung zu erfüllen. Das löst nämlich keine der Probleme, die wir haben. Das heißt, wenn ich wirklich ernsthaft, nachhaltig und zukunftsorientiert arbeiten möchte und das ist ja die Zielsetzung, die man hat, wenn man sich in dieses Themenfeld auch karrieremäßig begibt, dann möchte ich gerne natürlich meine Zeit auch für sinnvolle Dinge verwenden, das Unternehmen zukunftsfähig zu machen und nachhaltig die Produkte oder die Services gestalten zu können. Und das kann ich dann, wenn ich natürlich nicht zwei Drittel meiner Zeit mit Reportings verbringe, sondern das Ganze digital läuft. Also das heißt, Ressourcen und auch Motivation von Menschen kann durch Technologie, durch KI hier massiv unterstützt werden. Uli, was sind deine Beobachtungen in Bezug auf KI und Nachhaltigkeit?
Speaker0:[25:54] Ja, grundsätzlich gibt es ja bereits ziemlich gute Anwendungsfälle, wo ich tatsächlich nachhaltig weiter Energie sparen kann im Einsatz von künstlicher Intelligenz. Ich sagte das ja am Eingang schon mal, gerade was so Netzverbrauch angeht. Und gerade wenn ich hochkomplexe Systeme manage, dann kann KI da deutlich schneller zu einem Ergebnis führen, als wenn das irgendwie eine Riesenorganisation macht. Also das ist eine Beobachtung, die ich teile. Die zweite ist aber, wenn ich wirklich Nachhaltigkeit etablieren möchte und KI einsetzen möchte, dann muss ich auf der anderen Seite auch irgendwas abschaffen. Also wenn ich jetzt nur KI dazusetze und der Rest da so nebenher läuft und da bin ich schon ein Stück weit bei Rainer, Komplexität reduzieren heißt Zahl der Applikationen reduzieren, Zahl der Schnittstellen reduzieren. Ja, und das ist schon eine ursprüngliche IT-Aufgabe, das ein bisschen in Balance zu halten und das mit nach vorne zu treiben, weil ich glaube, wir sind extrem gut als Menschen, immer wieder was Neues irgendwo einzuführen, irgendwo hinzustellen. Wir sind extrem schlecht im Abmanagen von alten Dingen. Ja, also gerade bei gewachsenen Unternehmen, wir kennen das alle, man sieht immer mehr Applikationen, nicht weniger. Und es fällt uns total schwer, das runterzufahren. Und das ist aber auch etwas, wo KI gut helfen kann, tatsächlich priorisieren, wie halt Energiefresser oder halt alte Technologien logischerweise sinnvoll abgemanagt werden können. Und das ist wirklich eine Chance, die wir haben.
Speaker0:[27:21] Lass uns vielleicht noch einen Ausblick wagen im Sinne von Nachhaltigkeit in der IT als Standard, eben nicht als Ausnahme. Lieber Rainer, wie wird sich denn die Rolle der IT in den nächsten zehn Jahren verändern, um Nachhaltigkeit als Standard zu etablieren? Und gibt es aus deiner Sicht Technologien oder Innovationen in der Zukunft, die darauf einen großen Einfluss haben könnten? Also wir hatten es die ganze Zeit jetzt schon von KI und wenn man Sam Altman zum Beispiel zugehört hat, dem Gründer von OpenAI, der ja vor kurzem sich da sehr klar geäußert hat dazu und auch gesagt hat, die IT wird die HR-Abteilung von morgen werden, je mehr KI Einfluss nimmt. Und Agent AI ist da durchaus mal eine Entwicklung, die jetzt in diesem Jahr kommt, wo also spezifisch keine generative KI, die erstmal so ein bisschen halluziniert und Co., sondern die sehr spezialisiert und sehr klar trainiert auf einzelne Tätigkeitsfelder dann Rollen übernehmen wird, dann ist das in einem gewissen Maß tatsächlich ja auch so. Ich gehe nicht ganz so schwarz-weiß, wie Sam Altmann das tut. Ich glaube nicht, dass eine IT irgendwann eine HR-Rolle übernimmt. Aber was natürlich passiert ist, dass wir als IT schon einen Einfluss darauf haben, durch welche Lösungen und was das Thema Datenschutz zum Beispiel anbelangt, aber auch was ethische und moralische Aspekte anbelangt, durch welche Strukturen ersetzen wir heute eine physische Rolle, eine Mitarbeitendenfunktion, morgen durch eine KI-Funktion, durch eine Agent-KI zum Beispiel.
Speaker0:[28:39] Also da wird auf jeden Fall eine ganz neue Thematik auf uns zukommen, aber auch eine Verantwortung auf uns zukommen, endlich mal in einer Funktion, in einer Rolle zu agieren, die, glaube ich, der IT immer schon zugestanden wäre, in der man uns aber nie gesehen hat. Und das ist jetzt so ein bisschen die Lanze gebrochen für die Kapazitäten und auch die Fähigkeiten von IT-Mitarbeitenden. Aber wir sind nicht der Maschinenraum, der hier bloß die Ärmel hochkrempelt und dafür sorgt, dass halt alles klappt, sondern wir haben, würde ich behaupten, aus der IT heraus Strukturverständnis, Prozessverständnis, Datenverständnis und das ist die Basis und das Fundament für ganz, ganz vieles, aber speziell auch, wenn es darum geht.
Speaker0:[29:14] Und darum geht es am Ende des Tages bei Nachhaltigkeit ja wirklich, das Unternehmen zukunftsfähig langfristig nachhaltig aufzustellen und nicht nur im ökologischen, sondern auch im ökonomischen Sinne, das heißt resilient zu machen, klar zu sein, wo habe ich Abhängigkeiten, wo kann ich vielleicht ein Unternehmen anders aufstellen, wo kann ich ein Kerngeschäft verändern, um das auch langfristig tragbar zu machen. Nächste Geschichte, Thema Mitarbeitenden, Attraktivität, Talent Attraction, Talent Retention im Zeitalter von Fachkräftemangel. Da muss ich mir überlegen, wie kann ich das Unternehmen so abbilden, dass ich es als nachhaltiges, langfristig attraktives, arbeitgebenden Umfeld auch entsprechend aufstellen kann. Überall dort, glaube ich, braucht es die IT, braucht es die Einflussnahme von IT.
Speaker0:[29:52] Und dort ist meiner Meinung nach definitiv auch die Zukunft zu sehen, wenn es um die Entwicklung und die Weiterentwicklung von IT-Tätigkeitsfeldern geht. Weil mit zunehmender Automatisierung, zunehmendem Anfluss von KI wird das auch Jobs im IT-Umfeld kosten. Da bin ich mir sehr, sehr sicher. Ich habe kürzlich ein nettes Beispiel gehabt, wo ich in einem AI-Umfeld jemanden hatte, der gesagt hat, ja, jetzt würdest du mal bitte versuchen, ein bisschen zu zeigen, wie codest du denn? Wie würdest du jetzt irgendeinen Button auf einer Homepage coden? Dann habe ich so ein bisschen angefangen und er sagte, ja, jetzt machst du das mal mit KI. Sag ich, ja, was meinst du denn, coden mit KI? Er sagte, ja, ich zeige dir, wie es geht. Auf seinem Smartphone einfach, jetzt in dem Fall war es ChatGPT aufgemacht. Ein Bild eines Buttons auf einer Homepage gemacht und einfach nur gepromptet, ich brauche bitte den HTML-Code dieses Buttons. Und es hat klickt, genau eine Sekunde gedauert und der Code war da. Und das sind solche Geschichten. Das war für mich so ein Aha-Moment, wo ich gemerkt habe, also viele der heutigen Funktionen, viele der heutigen Rollen, die es in der IT gibt, die wird es in den nächsten paar Jahren nicht mehr geben und auch nicht mehr brauchen. Was auch gut so ist an vielen Stellen, aber dafür gibt es halt dann wiederum Notwendigkeit für andere Aktivitäten.
Speaker0:[30:57] Und das ist spot on, Rainer, weil ich, meine These ist, KI wird keine Jobs ersetzen, aber die Leute, die KI effizient nutzen, werden die Jobs ersetzen der Leute, die es nicht nutzen.
Speaker0:[31:10] Und das Interessante dabei ist ja, die Geschwindigkeit, wie sich gewisse Entwicklungen fortsetzen und fortschreiben, ähnlich wie das Beispiel, was du jetzt gebracht hast, auch bei Bilderkennung, auch bei Übersetzen von generativen Themen, da passiert quasi jede Woche was. Und dieses Wissen, was wir teilweise hatten, was vielleicht mal so vier Monate alt ist, muss schon nicht mehr aktuell sein. Und das ist halt so das Ding, wo wir uns selber ermutigen müssen, unsere eigenen Fähigkeiten zu ergänzen und gleichzeitig halt das halt auch sinnvoll zu nutzen.
Speaker0:[31:43] Richtig und das sinnvoll nutzen, wenn ich da noch ergänzen darf, Uli, 100 Prozent deiner Meinung, sinnvoll nutzen, ethisch und moralisch korrekt nutzen und entsprechend auch die verantwortungsbewusste Nutzung von KI voranzubringen. Auch da sehe ich eine ganz große Verantwortung von IT-Abteilungen und was ich zudem sehe und wir hatten das eingangs glaube ich so ein bisschen unterschlagen, ich habe noch eine Pro Bono Rolle und deswegen mache ich auch in kurzen Moment Werbung dafür bei SustainableIT.org. Das ist eine Non-Financial, Non-Commercial aus den USA. 120 Mitarbeiter, 120 Member-Firmen, nicht Mitarbeitende, sondern Mitgliedsfirmen, die weltweit aktiv so ein bisschen Sharing Economy betreiben. Das heißt, wir versuchen alles, das, was ein Wissen schon da ist, zu kuratieren, offen weiterzutragen. Und die Kernfokussierung seit jetzt einem halben Jahr ist eben genau die Responsible AI. Was umso erstaunlicher ist, dass es aus den USA heraus gestattet worden ist, wo ja durchaus gerade eher Gegenbewegungen existieren, was das Thema Verantwortungsbewusstsein und Data Privacy und Co. Anbelangt. Aber sei es drum, wir halten daran fest, sind nächste Woche jetzt auch in Davos mit dabei auf dem Wirdekonomik Forum und bringen das Thema auf den Tisch und aufs Tableau, weil darin sehe ich schon auch nochmal zusätzlich einen weiteren Aspekt sinnvoll und verantwortungsbewusst mit dem Thema umzugehen.
Speaker0:[32:51] Spot on, Rainer. Und ich kann nur sagen, wir dürfen nicht immer nur auf Regulierung warten, sondern das ist eine Verantwortung, die Unternehmen zu tragen haben, das nach vorne zu treiben und nicht zu warten, bis irgendein EU-Act oder sonst irgendwas runtergeschrieben ist. Das ist unsere Verantwortung. Und noch eine Chance dazu, denn wenn wir darauf warten, dass es aus Politik heraus oder aus Regierungen kommt, dann sind wir ganz häufig hinterher am Meckern und am Rummotzen und sagen, ja worum ist es denn so und so und versuchen es durch lobbyistische Aktivitäten wieder abzubiegen oder anders zu machen. Wenn wir es von vornherein aber aus der Entstehung heraus in den eigenen Händen halten, dann haben wir auch eine ganz andere Chance, es dahingehend zu treiben, wo wir es brauchen.
Speaker0:[33:25] Ich danke euch beiden vielmals für den spannenden Austausch und wie immer an dieser Stelle die Frage, was habt ihr aus der Diskussion mitgenommen? Lieber Uli, möchtest du anfangen? Ja klar, sehr gerne. Ich nehme immer aus unseren solchen spannenden Diskussionen drei Dinge und den Appetit nach mehr mit. Das erste ist, IT muss aufsteigen und die Rolle, die es einnehmen muss in Unternehmen, halt auch wahrnehmen. Und das ist leicht gesagt, aber das heißt halt, damit muss ich auch Unternehmen gestalten können und halt damit halt auch Einfluss nehmen. Und Unternehmen werden nicht mehr ohne IT überleben können. Das ist Nummer eins, was ich mitgenommen habe. Das zweite ist, Nachhaltigkeit funktioniert nur, wenn ich halt Lead by Example durchführe. Also das heißt, ich muss es vorleben. Es darf kein Kaffeetastensatz sein oder sonst irgendwas, sondern ich muss das jeden Tag zeigen. Und ich muss die Leute mitnehmen, damit ich halt auch die Ideen abhole und es zu ihrem Purpose mache. Ja.
Speaker0:[34:22] Ergänzt, was Uli gesagt hat. Was ich mitnehme, ist, dass das, was vor drei, vier Jahren noch sehr exoten Status hatte, mittlerweile deutlich mehr in die Mitte von Bewusstsein, gerade speziell auch in IT-Abteilungen rückt. Das, was ich auch mitnehme, ist, dass das Thema Hacker School und Julia Freudenberg offensichtlich mittlerweile auch ein sehr breit gestreutes Thema ist. Und das ist auch gut so und das ist toll, weil genau das brauchen wir. Und zum Dritten nehme ich mit, dass ich mich durchaus gerne auch mal, mit euch dann vielleicht in einem halben Jahr oder in einem Jahr wieder treffen würde, weil gerade die Geschwindigkeit, die da gerade passiert im Kontext von KI, die ist so enorm, dass wir, glaube ich, in einem halben Jahr oder in einem Dreiviertel ja vermutlich nochmal ganz andere und neue Themen haben werden, über die wir diskutieren können. Super Sache, das nehmen wir auf jeden Fall gerne auf, dass wir nochmal in einem Jahr schauen, wo wir denn stehen. Und lieber Anna, vielen, vielen Dank für die Zeit, vielen Dank für die Inspiration und für die Einblicke in deine Arbeit und vielen Dank, dass du heute bei uns zu Gast warst. Vielen lieben Dank, dass ich da sein durfte und ich freue mich auf Austausch und auch dann Kontakt über die Shownotes, die wir mit Sicherheit verteilen werden, wenn irgendjemand Fragen hat, kontrovers diskutieren möchte, super gerne jederzeit. Vielen Dank. Das war der Digital Pacemaker Podcast mit Rainer Karschal, Geschäftsführer der Heartprint GbH. Weitere Informationen zur heutigen Folge findet ihr wie immer in den Shownotes. Folgt uns jetzt auf der Podcast Plattform eurer Wahl und verpasst keine unserer Folgen. Viel Spaß und bis bald, euer Uli und Markus. Rock’n’roll!
Music:[35:42] Music