mit Ulrich Irnich & Markus Kuckertz

Shownotes

Folge #25 behandelt die Frage „Wie etabliert der CIO der Zukunft neue Arbeitsmodelle in traditionell geprägten Umfeldern?“ Zu Gast ist dazu Stefan Latuski – CEO des IT-Systemhaus der Bundesagentur für Arbeit

Stefan und seine Kollegen vom IT-Systemhaus sind die operativen IT-Dienstleister der Bundesagentur für Arbeit. Sie realisieren die Anforderungen an die IT der Bundesagentur und sichern den Betrieb der Vielzahl an Systemen.

Uli, Markus und Stefan diskutieren das zukünftige Verständnis der IT und wie sie mit Business zu Einheiten bildet, um Produkte und Leistungen zu entwickeln, die Zukunft haben. Dabei wirbt Stefan für mehr Risikobereitschaft und Akzeptanz von Rückschlägen wie Fehlern, um echte Schritte nach vorne machen zu können. Das Gespräch zeigt auch, wie wichtig dabei die Fähigkeiten des CIOs bei Personalplanung und Recruiting sind, um Mannschaften mit den zukünftig notwendigen Skills, Capabilities und Mindsets zusammenzustellen.

Wer sich weiter informieren möchte, wird hier fündig:

Euer Feedback zur Folge und Vorschläge für Themen und Gäst:innen sind sehr willkommen! Vernetzt euch und diskutiert mit:

Hosts: Ulrich Irnich & Markus Kuckertz // Produktion: Daniel Sprügel & Sören Wahlers, Maniac Studios (https://maniacstudios.com) // Redaktion: Marcus Pawlik // Kommunikation & Community: Anna-Lena Sodies // Team behind the team: Sonja Uller © Digital Pacemaker Podcast 2023

Zusammenfassung

In dieser Episode des Digital Pacemaker Podcasts sprechen wir mit Stefan Latuski, dem CEO des IT-Systemhauses der Bundesagentur für Arbeit. Wir behandeln die Herausforderungen und Chancen, die mit der Einführung neuer Arbeitsmodelle und Führungsstrategien in traditionell geprägten Umfeldern verbunden sind. Stefan teilt seine eindrücklichen Einblicke über den Wechsel von einem großen Technologieunternehmen wie Siemens in den öffentlichen Sektor und beleuchtet, wie wichtig es ist, die IT nicht als separaten Bereich, sondern als integralen Teil des Business zu verstehen.

Wir diskutieren den Wandel in der Wahrnehmung von IT, wobei Stefan betont, dass alte siloartige Strukturen überwunden werden müssen, um agiler und kundenorientierter zu arbeiten. Er beschreibt, wie entscheidend es ist, einen Kulturwandel in großen Organisationen zu initiieren, der Flexibilität und Risikobereitschaft fördert. Dabei sieht er die Fehlerkultur als eine wichtige Komponente an, die es den Mitarbeitern ermöglicht, ohne Angst vor negativen Konsequenzen innovative Lösungen zu entwickeln.

Ein zentrales Thema des Gesprächs sind die aktuellen Herausforderungen im Recruiting und der demografische Wandel, der das Fachkräftemangelproblem verstärkt. Stefan betont, dass Unternehmen heute proaktiver sein müssen, um Talente zu gewinnen und zu halten. Er spricht über den Wechsel der Anforderungen an Führungskräfte, die nicht nur technisches Know-how mitbringen, sondern auch in der Lage sein müssen, Teams zu inspirieren und zu motivieren.

Zusätzlich beleuchten wir die aktuellen Trends in der Arbeitswelt, insbesondere die immer wichtiger werdende Bedeutung von Purpose und Sinn in der beruflichen Tätigkeit. Stefan erklärt, dass zukünftige Mitarbeiter nicht nur auf monetäre Anreize achten, sondern auch Wert auf den gesellschaftlichen Einfluss ihrer Arbeit legen.

Wir erhalten Insights in den praktischen Transformationsprozess innerhalb der Bundesagentur für Arbeit, wo interdisziplinäre Teams gebildet werden, um Dienstleistungen effizienter und kundenfreundlicher zu gestalten. Stefan teilt seine Ansichten darüber, wie die Fehlerkultur und Psychologische Sicherheit einen Raum schaffen können, in dem Mitarbeiter wachsen und innovative Ideen entwickeln können.

Der Podcast schließt mit Stefans persönlichen Einblicken in seine eigene Entwicklung und den Werten, die für ihn am wichtigsten sind. Er betont die Bedeutung von kontinuierlichem Lernen und persönlichem Wachstum als Schlüssel zu einer erfolgreichen Karriere und einem erfüllten Arbeitsleben.

Transkript

Speaker0:[0:00] Ich bin fest überzeugt, wenn du eben da, wo es möglich ist, diese neuen Wege nicht ausprobierst, dann trittst du auf der Stelle, Punkt, und dann passiert auch nichts. Und das kann es natürlich nicht sein.

Music:[0:08] Music

Speaker2:[0:23] Herzlich willkommen zum Digital Pacemaker Podcast mit euren Gastgebern Uli Irnig und mit mir, Markus Kuckertz. Heute sprechen wir darüber, wie man New Work, also neue Arbeitsformen und Führungsmodelle, in eher traditionell geprägten Umfeldern einführt. Zu Gast haben wir dazu Stefan Latuski, CEO des IT-Systemhaus der Bundesagentur für Arbeit. Ich freue mich, Stefan, dass du heute unser Gast bist.

Speaker0:[0:44] Ich freue mich, Markus, dass ich heute dabei sein darf.

Speaker2:[0:46] Stefan und seine Kollegen und Kolleginnen vom IT-Systemhaus sind die operativen IT-Dienstleister der Bundesagentur für Arbeit. Sie realisieren die Anforderungen an die IT der Bundesagentur und sichern den Betrieb der Vielzahl von Systemen. Das IT-Systemhaus ist einer der größten IT-Arbeitgeber im öffentlichen Sektor und hat für die Zukunft große Ambitionen. Und da kommen wir sicherlich auch gleich drauf, Uli. Zunächst möchte ich aber erstmal dich hier begrüßen und ja, wie immer, habe ich natürlich eine Frage für dich mitgebracht. Uli, IT und New Work sind heute kaum noch zu trennen. Ich glaube, dafür stehst du ja auch ganz besonders. Also deswegen finde ich die Frage ganz gut, kannst du dir als CIO noch traditionelle Arbeitsformen und Führungsmodelle im IT-Umfeld eigentlich vorstellen?

Speaker1:[1:30] Also erstmal, hallo lieber Stefan, hallo lieber Markus. Ich freue mich, dass wir heute hier wieder zusammen sind.

Speaker1:[1:36] Nee, geht eigentlich nicht mehr. Also ich glaube, die Erkenntnis ist ja auch jetzt in der Pandemie sehr stark gereift. Alles, was uns bis nach hier gebracht hat, wird uns nicht mehr in die Zukunft bringen. Und das bedeutet halt logischerweise auch große Herausforderungen und halt auch Transformationen, nicht nur für den CIO, sondern halt auch für alle Führungskräfte. Und gerade wenn es so neumodig Servant Leader, also derjenige, der die Mitarbeiter befähigt, der sie führt, nämlich eben mit Inspiration und halt auch mit gewissen Leitplanken, das ist viel wichtiger als alles zuvor. Jetzt kann ich sagen, naja, ich habe schon ein paar, das sieht man an meinen grauen Haaren oder an den fehlenden Haaren, schon ein paar Management Styles hinter mir. Auch ich habe noch die ganz klassische Linie so ein bisschen erlebt, so nach dem Motto, die Führungskraft weiß alles und sagt die Richtung. Aber gerade bei dieser Welt, die sich so schnell ändert und bei den vielen Perspektiven, die wir einnehmen müssen und auch die schnellen Veränderungen, die stattfinden, kann das gar nicht mehr funktionieren. Das bedeutet halt, diese Veränderung fängt bei jedem selber an. Ich glaube, das spüren wir gerade, wenn es um New York geht, halt da die Basis zu schaffen, aber auch die Leitplanken zu geben, dass die Menschen in dieser Veränderungsreise sich immer gut aufgehoben fühlen. So, lieber Stefan, jetzt kommen wir aber erstmal zu dir, bevor wir jetzt zu viel hier ins eigene Gerede abschwafeln. Lieber Stefan, herzlich willkommen hier bei uns im Digital Pacemaker Podcast. Seit Sommer 2021 ist Stefan CEO des IT-Systemhaus der Bundesagentur für Arbeit.

Speaker1:[3:05] Davor war Stefan viele Jahre bei Siemens in verschiedenen IT-Rollen tätig, zuletzt als CIO der Siemens Mobility GmbH. Studiert hat Stefan Wirtschaftswissenschaften an der Bergischen Universität Wuppertal. Das ist die Stadt mit der schönen Schwebebahn. Stefan, was mich natürlich jetzt ein bisschen interessiert, wie kommt man denn eigentlich als Wirtschaftswissenschaftler zu den IT-Nerds?

Speaker0:[3:28] Das ist eine total spannende Frage, Uli. Erstmal Dankeschön, dass ich heute bei dem Podcast dabei sein darf. Und ich muss tatsächlich sagen, das ist, ich würde mal formulieren, glücklicher Zufall gewesen. Ich habe Wirtschaftswissenschaften in der Tat an der Univopartei studiert, habe mich nie groß offengesprochen für IT-Aktivitäten sinnvollerweise interessiert und habe damals bei einem kleinen oder bei einem mittelständischen Getriebehersteller an der holländischen Grenze eine Diplomarbeit geschrieben, so im Umfeld, Controlling, Kennzahlensysteme, solche Dinge. Und der damalige CIO hat mir dann einfach ein Jobangebot gemacht, hat gefragt, möchtest du nicht bei uns irgendwie in der SAP-Beratung anfangen und eben so Applikationsberatung für die Module Finance und Controlling machen? Der Mensch ist ja irgendwie so von Natur aus faul. Und ich hatte dann die Möglichkeit, entweder jetzt Bewerbungen zu schreiben oder halt einfach dieses Angebot anzunehmen und habe mich dann entschieden, letztes einfach zu tun. Und so bin ich halt durch einen glücklichen Zufall quasi in der IT gelandet und bis heute da aber auch nicht von weggekommen und bin letzten Endes aber auch super glücklich mit der Entscheidung.

Speaker2:[4:36] Stefan, wir haben uns natürlich auch im Vorfeld mit dir und vor allem mit den Thesen beschäftigt, die du als CIO vertrittst und da sind, wie das bei uns zur Tradition ist, immer so drei Blöcke herausgekommen. Du sagst zum einen, dass sich IT als integraler Teil des Business verstehen muss, um den aktuellen Herausforderungen begegnen zu können. IT sollte sich mit Business zu Einheiten verschmelzen, um die Produkte und Leistungen zu entwickeln, die Zukunft haben. Da wird es natürlich gleich auch nochmal spannend in der heutigen Zeit zu verstehen, was du dann auch gleich mit Business meinst. Als zweites sagst du, dabei empfiehlst du Unternehmen, sich vom deutschen Perfektionismus zu verabschieden. Nur die Akzeptanz von Rückschlägen und Fehlern ermöglicht Risikobereitschaft und die ist nötig, um große Schritte nach vorne zu machen. Und zu guter Letzt empfiehlst du CIOs, ihren Horizont um strategische Personalplanung, Recruiting und Ähnlichem zu erweitern. Eine Mannschaft mit den notwendigen Skills, Capabilities und Mindsets zusammenzustellen, ist in Zeiten des Fachkräftemangels nur mit neuen Fähigkeiten möglich. Wenn wir so zu dem ersten Punkt kommen, nämlich, dass die IT sich als integraler Teil des Business versteht. Vielleicht fangen wir einfach mal mit dem Punkt an. Wo ziehst du denn eigentlich heute noch die Grenze zwischen IT und Business? Was verstehst du unter dem Begriff Business?

Speaker0:[5:46] Also ich persönlich ziehe da eigentlich gar keine Grenze. Das ist ja eben genau der Punkt, warum das irgendwie verschmelzen muss. Wenn du dir aber…

Speaker0:[5:53] Organisationsformen heute anschaust, dann hast du halt sehr, sehr häufig die Situation, dass du verschiedenste Einheiten auf der einen Seite hast, sei es jetzt nach innen gerichtete Einheiten wie, was weiß ich, Einkauf, Logistik, Finanzbuchhaltung, HR, you name it, oder eben auch unterschiedliche Geschäftsbereiche, Business Units, was auch immer, die halt Produkte entwickeln und letztere eben dann auch vertreiben oder produzieren und vertreiben. Und du hast die IT, die halt in irgendeiner Form nach innen gerichtete IT-Aktivitäten macht, um halt irgendwie Tausende oder Hunderttausende von Anwendern zu beglücken und die eben, sagen wir mal, zu enablen, die Dinge überhaupt tun zu können, also im Sinne der ganzen internen Prozesse. Und irgendwo hast du aber auch eine gewisse Form von Unterstützungsdienstleistungen, wenn es darum geht, eben die Produktentwicklung und den Vertrieb dann eben auch entsprechend zu digitalisieren. Also gefühlt in nahezu jedem großen Konzern gibt es da eben schon noch eine klare Demarkationslinie zwischen Geschäftseinheiten auf der einen Seite und dann irgendwie einer IT-Organisation auf der anderen Seite. Und ich denke, das ist unlängst überholt, weil also wie viele Produkte gibt es denn noch wirklich, die irgendwo nicht im digitalen Umfeld unterwegs sind? Oder wie viele Prozesse gibt es denn eigentlich noch, die irgendwie nicht digital gestützt sind? Selbst in eher traditionellen Organisationen, wie jetzt eben der Bundesagentur für Arbeit, wirst du da sehr, sehr wenige finden. Also warum muss ich Ablauf- und Aufbau organisatorisch da eigentlich diese Demarkationsindividuen sehen?

Speaker2:[7:20] Wir reden also von großen Organisationen, vielleicht auch von einer Art von Silohaftigkeit, die wir alle erkennen, die in diesen großen Organisationsstrukturen arbeiten. Und nun bist du ja von einer deutschen Technologie-Ikone zur Bundesagentur für Arbeit gewechselt. Ich kann mir vorstellen, dass das eine ziemliche Herausforderung war. Wie bist du diese Neuorientierung ganz plastisch angegangen?

Speaker0:[7:40] Also natürlich war das eine große Herausforderung. Auf der einen Seite, glaube ich, ist das immer eine Herausforderung, wenn du von einem Konzern oder von einer großen Organisation in eine andere wechselst. Bei mir wird das natürlich nochmal, ich sage mal, in zweierlei Hinsicht eine ganz spannende Situation, weil öffentlicher Sektor und Privatwirtschaft ist halt irgendwie doch sehr, sehr unterschiedlich in verschiedener Hinsicht. Und dann kannte ich eben auch das Portfolio und die Dienstleistungen einer Bundesagentur für Arbeit irgendwie persönlich überhaupt nicht. Also ich war mal, als ich 14 war oder so in einem Berufsinformationszentrum. Aber seitdem habe ich also mit der Organisation oder mit der Behörde auch nie wieder Berührungspunkte gehabt. Ich muss aber sagen, und da geht ein großes Dankeschön an die BA, die haben mir ein super Onboarding hier unterbreitet. Also ich bin am 01.07.2021 hier offiziell angefangen und hatte dann aber das große Glück, dass ich im Prinzip die Geschäftsführung des IT-Systemhauses offiziell erst zum 01.10. Entsprechend übernommen habe. Das heißt, ich hatte drei Monate lang Zeit, hier wirklich in die Tiefe der Organisation sozusagen einzutauchen. Das war echt cool.

Speaker0:[8:40] Ich habe immer so ein paar Tage pro Woche, war ich im Prinzip irgendwo in der BA unterwegs gewesen, also in einem Jobcenter oder einer Arbeitsagentur oder bei der Familienkasse oder in irgendwelchen Verwaltungsabteilungen, was auch immer. Man konnte also Leute kennenlernen, habe die Prozesse kennengelernt, habe dann tatsächlich auch ein Stück weit mitgearbeitet, also mal irgendwie in den Taramschalter gesessen, Kunden betreut oder beraten oder was auch immer. Und so kriegst du natürlich irgendwie ein super Gespür dafür, was in diesem Laden überhaupt passiert und wie der tickt und was das so für Prozesse sind und was hier auch gut funktioniert und was vielleicht dann, sagen wir mal, nicht ganz so gut funktioniert, das war schon wirklich cool. Und auf der anderen Seite ist das IT-System, wo es natürlich irgendwie auch eine Riesenbude mit fast 2000 eigenen Mitarbeitenden. Und auch da hatte ich gleichermaßen also die Chance gehabt, wirklich mal alle Teams kennenzulernen, ein Stück weit einzusteigen und zu verstehen, was haben wir eigentlich hier für ein Portfolio, wie sieht unsere IT-Landschaft aus, was ist die IT-Strategie, die bisher irgendwie verfolgt worden ist, etc., pp., Das war schon echt cool und diese drei Monate haben unglaublich gut getan, weil du hast also A, die Möglichkeit gehabt, den natürlich so ein bisschen vom Netzwerk aufzubauen, du hast die Möglichkeit gehabt, wirklich mal zu verstehen, wie diese ganze Gude funktioniert und du hast natürlich auch einen ganz guten Blick dafür entwickelt, dann in den drei Monaten, wo im Prinzip Andockpunkte sind, dass sich eben auch themenperspektivisch wirklich dann ändern, schräger verbessern müssen.

Speaker2:[9:59] Du hast gesagt, also zuhören, verstehen, zusammenrücken, Netzwerken waren in dieser ersten Phase besonders wichtig. Und wir haben ja eben gesagt, nun ja, zu großen Organisationen erleben wir halt diese Silohaftigkeit. Wenn du jetzt mal so einen ersten Blick auf das, was du denn da eigentlich an Veränderungen vor dir hast, dann geworfen hast, wie stellst du denn dann dieses Zusammenrücken praktisch vor? Wie bist du das dann angegangen? Wo hast du angefangen, dieses Zusammenrücken von Business und IT wirklich umzusetzen?

Speaker0:[10:23] Ja, vielleicht müssen wir da einen kleinen Schritt zurückgehen. Also es gab so zwei, drei natürlich Kernaspekte irgendwie, die sehr offensichtlich waren nach den drei Monaten. Das eine ist so, also ich glaube, die Bundesagentur hat in den letzten drei, vier Jahren extrem viel Zeit und Kraft investiert, um sich nach außen hin im Prinzip als digitale Behörde zu positionieren. Das ist denen auch ganz gut gelungen. Also wir sind ja seit 01.01.2023 tatsächlich auch die einzige Behörde, die jetzt dieses Online-Zugangsgesetz umgesetzt hat. Und damit wirklich alle der rund 70 verschiedenen Services und Leistungen, die wir so anbieten, sind jetzt digital zugänglich. Du merkst dann aber auch, je tiefer du im Prinzip so in den Kaninchenbau einsteigst und je mehr du dich mit der Organisation als solches beschäftigst, dass halt hinter diesem digitalen Zugangskanal, der jetzt wirklich auch gut bereitsteht, nicht mehr viel kommt.

Speaker0:[11:10] Also der ganze Prozess im Prinzip, der nach der digitalen Antragstellung kommt, also über die Prüfung des Antrags, Bewilligung des Antrags, Anordnung, Bescheiderstellung, bis dann halt irgendwo am Ende des Tages auch mal eine Leistung ausgezahlt wird. Der ist halt sowohl in den Fachbereichen maximal silo behaftet, da sind also ganz, ganz viele unterschiedliche Einheiten irgendwie beschäftigt, sich dieser Thematik anzunehmen und das ist eben aber auch gleichermaßen in der IT-Organisation so. Also wir sind halt schon Mitte 2021 eine sehr, sehr klassische Plan-Build-Rang-Organisation gewesen, sprich also mit so einem zentral davor gestaltenen Demand-Management und dann einer großen Einheit die Software gebaut hat und einer zweiten großen Einheit, die das ganze Zeug irgendwie betreiben durfte.

Speaker0:[11:54] Und wenn dann sagst du, naja, eigentlich ist ja unser Anspruch, irgendwie Mehrwert für den Kunden, für die Kundin zu schaffen, sprich also möglichst kurze Durchlaufzeiten, möglichst viel Automatisierung irgendwie in dem Gesamtprozess und du überlegst dir dann, wie viele Einheiten sind da irgendwie am Ende des Tages beschäftigt und wie viele unterschiedliche Prioritäten gibt es dann auch und Ressourcendiskussionen und weiß ja gar nicht, was alles. Dann kommst du relativ schnell irgendwie an den Punkt, dass das nur bedingt gut funktionieren kann.

Speaker0:[12:19] Und insofern haben wir also relativ zügig dann im Prinzip gesagt, wir müssen zwei Dinge jetzt machen. Wir müssen also wirklich den Fokus konsequent auf Ende-zu-Ende-Digitalisierung, schräger Automatisierung lenken. Das Ganze eben im Prinzip auch aus zwei Gründen heraus. Das eine ist halt wirklich so diese Erwartungshaltung auch vom Kunden. Ich meine, wir kennen das alle irgendwie heute aus dem privaten Umfeld. Wenn du eine Zahnarztrechnung hast oder so, dann hast du halt eine App und dann scannst du da deine Rechnung ein und drei Tage später hast du irgendwie das Geld auf dem Konto. Also bei uns kannst du das genauso schön machen, nur der Prozess dahinter, der dauert halt nicht drei, sondern eher 30 Tage. Und auf der anderen Seite hat die BA halt eben auch, so wie viele andere große Organisationen gleichermaßen, ein Riesendemografie-Problem. Wir verlieren irgendwie so 40 Prozent knapp der Mitarbeitenden bis 2030, 2032, also schon wirklich eine größere fünfstellige Zahl. Und wenn wir es jetzt nicht irgendwie hinkriegen, dann eben auch konsequent Prozesse zu digitalisieren, schräger zu automatisieren, dann reden wir halt perspektivisch nicht mehr über 30 Tage Bearbeitungszeit, sondern irgendwie über, keine Ahnung, 50, 60, 70, was auch immer, wie lange Tage, geht nicht.

Speaker0:[13:24] Und insofern ist, glaube ich, der Sense of Urgency da relativ eindeutig und ist eben auch glücklicherweise vom Vorstand der BA so verstanden und mitgetragen worden. Und das hilft natürlich dann schon mal irgendwie zu sagen, also Mensch, Freunde, schaut mal, da gibt es eine klare Erwartungshaltung von außen. Wir kriegen perspektivisch ein großes Problem von innen. Insofern, lasst uns doch mal die Frage stellen, ob wir so weitermachen wollen wie bisher.

Speaker0:[13:44] So, das ist der eine Punkt. Und der andere Punkt ist dann eben auch, wie stellst du dich denn sinnvollerweise auf, um solche Dinge dann auch konsequenterweise anzugehen? Und da musst du dir eben schon die Frage stellen, macht das jetzt Sinn, irgendwie in so einer silobehafteten Organisationsform weiter irgendwie die Dinge voranzutreiben? Und du merkst dann ja relativ schnell, dass also der Abstimmaufwand irgendwie in Richtung unendlich geht. Und insofern darf man sich dann eben schon die Frage stellen, wie kann ich mich da eigentlich optimieren? Wir haben die Reise letztes Jahr tatsächlich dann begonnen, indem wir gesagt haben, wir fangen jetzt mal einfach im IT-Systemhaus an und überlegen uns, wie können wir uns möglichst optimal aufstellen? Vorhin gesagt, es gibt irgendwie so 70 unterschiedliche Dienstleistungen bei der WA. Also warum haben wir jetzt heute irgendwie eine Organisation, die Software baut und eine andere, die Software betreibt und irgendwie sind die nach Technologien organisiert, macht doch alles überhaupt keinen Sinn. Wenn wir 70 verschiedene Services oder Leistungen haben, oder kannst du auch sagen, 70 verschiedene Produkte, dann braucht man eigentlich 70 unterschiedliche Produkteinheiten, die sich genau darum kümmern, dann eben auch wirklich kontinuierlich dieses Produkt zu entwickeln, zu betreiben und zu optimieren. Und das ist das, was wir gemacht haben. Also wir haben eine neue Struktur geschaffen, logischerweise jetzt nicht in 70 unterschiedlichen Einheiten, das kannst du ja auch nochmal so ein bisschen irgendwie klastern, Aber am Ende des Tages hast du halt wirklich dann für jedes Produkt bei der BA jetzt auch ein dediziertes Team in der IT, die sich eben dann da auch vollumfänglich für verantwortlich fühlen. Und gleichermaßen beginnen wir jetzt eben auch diese Diskussionen auf der Business-Seite.

Speaker0:[15:12] Und wir sagen, auch hier müssen wir eigentlich aufhören, jetzt in Silos zu denken, also irgendwie Leute, die sich eben um rechtliche Angelegenheiten kümmern, Leute, die irgendwie ein Stück weit Produktentwicklung machen, dann Qualitätssicherung, was auch immer. Sondern auch da brauchst du irgendwie ein Team von Menschen, die kontinuierlich sich irgendwie Ende zu Ende für ein solches Produkt verantwortlich fühlen. Zugegebenermaßen, da sind wir jetzt noch nicht ganz so weit, aber auch da gibt es erste sehr, sehr konkrete Überlegungen, wie das aussehen könnte. Und man möchte das in Kürze pilotieren. Und im Endeffekt musst du dann jetzt nur noch die Klammer um beides ziehen und dann hast du eigentlich so ein interdisziplinäres Team, wo Business und IT gewissermaßen miteinander verschmelzen, und dann eben kontinuierlich dauerhaft an der Entwicklung eines Produktes arbeiten und dieses eben dann auch vollumfänglich verantworten. Das ist so ein bisschen die Idee, die wir da jetzt gerade schon sehr, sehr intensiv verfolgen. Und du kannst das natürlich auch noch ein bisschen weiterspinnen und sagen, naja, also wenn das funktioniert, warum brauche ich dann eigentlich ich noch unterschiedliche Organisationsformen, um die ich irgendwie eine virtuelle Klammer ziehe, warum packe ich die nicht sofort in ein Team? Das ist aber tatsächlich, muss man sagen, schon noch arg Zukunftsmusik. Ich denke, wenn wir in so einen kontinuierlichen Modus der interdisziplinären Zusammenarbeit kommen und das funktioniert, dann haben wir schon sehr, sehr viel gewonnen.

Speaker1:[16:24] Das klingt, ich sage mal, bekannt. Also wenn du jetzt mal von der BA zur Vodafone springst, dann haben wir auch solche interdisziplinären Teams, aber auch, oder wir nennen sie Fusion Teams, die ja zusammenarbeiten und gleichzeitig sich an gewissen Produkten und Services orientieren. Für uns ist natürlich immer entscheidend, dass diese Services und Produkte sich irgendwie an Wert, sei es jetzt an tatsächlich Kundenzufriedenheit oder tatsächlich Wertsteigerung und so weiter orientieren, dass man so einen, wie sagen wir so schön, Value Stream dann auch tatsächlich in der Realität hat. Was sind denn bei euch die Services? Also wie misst du denn, ich sage mal, den Wert deiner Services? Also was ist die Währung, die da bei euch dahinter steht?

Speaker0:[17:04] Also Customer Satisfaction oder Kundenzufriedenheit ist für uns natürlich auch das alleroberste Gut, keine Frage. Wir machen ja nichts irgendwie nur, um uns damit selber zu beschäftigen oder so, sondern wir wollen ja wirklich Dienstleistungen bauen und eben auch anbieten, die am Ende des Tages den Millionen von Bürgern da draußen eben auch den größtmöglichen Nutzen bieten. Und wir wollen das eben auch im Sinne der Zugänglichkeit so niederschwellig wie irgendwie möglich gestalten. Und das sind schon eben dann auch klar KPIs, die wir messen und an denen wir eben auch den Erfolg oder Misserfolg von entsprechenden Services dann am Ende des Tages messbar machen. Und wenn wir so ein bisschen in die IT reinschauen, dann ist für uns natürlich im Moment ein ganz, ganz großes Thema einfach auch Time-to-Market.

Speaker0:[17:47] Wobei wir da eben aus der historischen Organisationsform einfach auch unglaublich viel Luft nach oben haben. Das muss man, glaube ich, der Fairness halber sagen. Wenn man aus so einer ganz klassischen Organisation kommt, wo das aus jedem Demand wird, erst mal irgendwie durchdrungen und analysiert und dann eingekippt und priorisiert und weiß ja gar nicht, was alles. Dann hast du halt schon in so einer anderen Form der Zusammenarbeit Und da, glaube ich, einen signifikanten Ruf, eben auch Dinge deutlich schneller und deutlich besser zu machen. Und das ist auch dringend notwendig, weil wenn du schaust, was in Berlin gerade so passiert, also die Kollegen und Kolleginnen da in der neuen Koalition haben sich ja in den Vertrag irgendwie 200 Mal das Wort Digitalisierung reingeschrieben. Es ist in dem letzten Jahr nicht ganz so viel passiert, aber jetzt merken sie halt, die Legislaturperiode geht langsam zu Ende, wachen die jetzt, also offengesprochen, irgendwie alle auf. Und jetzt kommt unglaublich viel. Also jede Menge neue Gesetzesvorhaben kippen da jetzt gerade über uns hinein. Und da sind wir halt schon gezwungen, jetzt einfach auch super schnell zu reagieren und die Dinge dann irgendwie zur Umsetzung zu bringen, damit am Ende des Tages eben so ein Gesetz nicht nur im luftleeren Raum steht, sondern dass du eben auch ein klares Produkt hast, was das eben entsprechend stützt.

Speaker2:[18:50] Du hast eben beschrieben, wie du letztendlich die IT veränderst, in so einer klassischen wasserfallorientierten IT, die sich eben sehr stark auf Systeme und Services konzentriert oder fokussiert hin zu einer produktzentrierten IT. Und auch, dass damit natürlich vor allem dann von den Menschen, die in dieser Organisation arbeiten, sich vor allem eben nun mal die Zusammenarbeit verändert. Das geht ja auf gar keinen Fall ohne Widerstände und wahrscheinlich sehr viel Unmut eineher. Was kannst du da aus deiner Erfahrung aus der ersten Zeit sagen? Und gerade wenn wir vielleicht auch nochmal das Ganze unter die Überschrift setzen, CIO der Zukunft. Was braucht es denn, um damit umzugehen? Was tut man denn, um solche riesengroßen Organisationen einmal komplett zu verändern?

Speaker0:[19:32] Also erstmal muss ich glaube ich sagen, wenn wir mit so einem Gerücht aufräumen, würde ich sagen, dass Behörden da besonders veränderungsresistent sind. Also ich behaupte jetzt einfach mal, die Veränderungsbereitschaft oder die Nichtveränderungsbereitschaft, einer großen Organisation wie der BA ist jetzt auch nicht signifikant anders ausgeprägt wie die einer jeden anderen großen Organisation. Es ist immer irgendwie eine Handvoll Leute, die sagen, Mensch, cool, da passiert irgendwie was Neues, ich bin dabei. Also ganz, ganz viele Menschen, die sich erstmal irgendwie zurücklehnen und sagen, ich gucke mal, was denn da so passiert und wenn das dann irgendwie für mich sinnstiftend ist und ich da irgendwie einen Wert daraus verstehen kann, dann bin ich auch dabei und ansonsten halt nicht. Und du weißt halt irgendwie so eine kleine Menge an Menschen, 10, 20 Prozent oder so, die sind halt dagegen. Und da gibt es halt dann auch nochmal irgendwie so zwei Abstufungen. Die einen, die so passiv dagegen sind, also die lächeln dir irgendwie ins Gesicht und drehen sich dann um und machen irgendwas. Das ist ganz besonders schwierig. Und dann gibt es halt irgendwie so, die aktiv dagegen sind, also die auch wirklich dann so maximal irgendwie im Unmut kundtun. Das ist eigentlich gar nicht so schlimm, weil die sind schnell identifiziert.

Speaker0:[20:36] Und da kannst du dann ja eben auch gezielt drauf einwirken. Und wir befinden uns jetzt gerade eben mitten in diesem Transformationsprozess. Ist ja jetzt auch nichts, was du irgendwie in sechs oder neun Monaten umbaust. Klar, so ein paar neue Kästchen zusammenschieben, das geht alles irgendwie schnell. Aber am Ende des Tages ist das ja auch eine völlig neue Form der Zusammenarbeit, die da zu etablieren ist. Und das ist ja etwas, was du irgendwie über die Zeit auch erlernen musst. Und dann machst du auch mal vielleicht hier und da was falsch. Also insofern sind wir gerade mitten in diesem Prozess. Also der Schlüssel muss halt irgendwie immer Kommunikation sein. Es geht, glaube ich, ganz, ganz viel darum, den Leuten erstmal zu erklären, warum machen wir das überhaupt? Und der Uli hatte das vorhin in seiner Eingangsrede mal gesagt. Also in der Vergangenheit sind ja ganz, ganz viele Dinge passiert, die waren gut und die haben eben auch eine Organisation immer dahin gebracht, wo sie ist. Und ich glaube, das musst du auch unglaublich wertschätzen, weil es geht ja nicht darum zu sagen, ey, das, was ihr in der Vergangenheit gemacht habt, war alles scheiße. Ganz im Gegenteil, das, was ihr in der Vergangenheit gemacht habt, war gut und das hat uns dahin gebracht, wo wir jetzt heute sind. Und das bringt uns aber nicht dahin, wo wir wollen. Und ich glaube, diese Vorteilsübersetzung, die musst du halt schon sehr, sehr klar und deutlich artikulieren und auch nicht nur einmal oder zweimal, sondern irgendwie so kontinuierlich wiederholen, bis das irgendwie auch der Letzte verstanden hat. Und dann nimmst du schon viele Kollegen irgendwie auf der Reise mit. Und es geht, glaube ich, auch sehr stark darum, immer wieder zu erklären.

Speaker0:[21:53] Was ist denn jetzt der Vorteil daraus für die gesamte Organisation, aber vielleicht auch für den einzelnen Kollegen und die Kolleginnen. Was verbessert sich für dich persönlich dadurch, dass wir jetzt in eine andere Form der Zusammenarbeit gehen? Und ich glaube, dann kannst du über die Zeit kannst du schon irgendwie ziemlich viele Menschen auch mitnehmen, die dann bereit sind, diesen Weg auch zu gehen.

Speaker0:[22:11] Und bei denen, die es halt irgendwie dann immer noch nicht verstanden haben oder nicht verstehen wollen, da geht es dann am Ende des Tages, glaube ich, auch individuelle Lösungen zu finden. Also wer nicht will, der will halt nicht. Da kannst du dann noch so aktiv irgendwie sein und noch so viel versuchen. Und da muss man, glaube ich, eben auch in den Fällen dann sehr individuelle Gespräche führen und Lösungen finden. Und entweder committet sich dann jemand. Und wenn es halt gar nicht geht, dann muss man vielleicht auch Hilfestellung geben, eine neue Rolle im Unternehmen oder im Zweifelsfall auch außerhalb des Unternehmens zu finden.

Speaker1:[22:42] Markus, ich habe da immer noch so ein bisschen das Bild auch von Gartner im Kopf, gerade die vier Positionen des Chains, also die Sitzer, die Geher, die Jogger und die Läufer. Also es geht ja weniger darum, alle direkt zum Läufer zu machen, sondern jeder in seiner Position abzuholen oder jede und in die nächste Position zu bringen. Weil dann kommt Bewegung rein. Und dann bin ich 100 Prozent bei dir, Stefan. Wenn natürlich jemand nicht will, dann funktioniert das nicht. Da wird man ja auch selber nicht glücklich. Also du kannst ja nicht die ganze Zeit gegen was stemmen, was du nicht willst. Da musst du irgendwann für dich selber auch eine Entscheidung treffen zu sagen, wenn du das aber partout nicht willst, was da passiert, dann muss man sich neu orientieren. Und das ist, glaube ich, eine berechtigte Frage, die in diesem Change-Prozess ebenfalls beantwortet werden muss.

Speaker0:[23:31] Ja, absolut. Und ich glaube, es bedarf halt eben auch einer ganzen Menge Menschen, die eben dann so einen Veränderungsprozess auch wirklich aktiv begleiten und unterstützen. Also du musst auch von vornherein irgendwie von oben ganz klar artikulieren, dass du das wirklich ernst warst. Wir haben das zum Beispiel bei uns ganz deutlich dadurch unterstrichen, indem wir gesagt haben, also wir schaffen jetzt tatsächlich eine Organisationseinheit, die sich mit dem Thema Zusammenarbeitsmodell, Kultur, Führungsverständnis und sowas beschäftigt, heißt bei uns Cultural Office. Und die hängt eben auch dann wirklich direkt an der Geschäftsführung. Und da sitzen eine Handvoll Kollegen und Kolleginnen drin, die diesen Veränderungsprozess dann wirklich aktiv begleiten. Also da sind so Transition Coaches drin, die gehen halt entsprechend in die Teams rein, versuchen zu verstehen, was sich denn da so gerade bewegt und wo es irgendwie Schmerzen gibt, um das gezielt zu lindern. Die organisieren einen Haufen Kommunikationsformate, um eben wirklich jeden da abzuholen, wo er gerade steht. Und das ist unglaublich wichtig, weil ich glaube, Also die Mitarbeitenden müssen schon A, verstehen, dass also die Geschäftsführung das wirklich ernst meint, dass das irgendwie nicht nur so die nächste Sau ist, die du quasi jetzt irgendwie durchs Dorf treibst. Und du brauchst halt einfach auch Menschen, die dich da kontinuierlich, also im täglichen operativen Doing bei unterstützen, weil ansonsten strampelst du dich da irgendwie auch ab.

Speaker2:[24:46] Uli, du hast eben fleißig enigt, als der Stefan davon berichtet hat, dass das natürlich nicht nur Behörden betrifft, sondern wir kennen das natürlich auch, dort wo Veränderung auf Menschen trifft, kann es für einige dann eben schwierig sein, Je nachdem, wie gerne man auch in der Art und Weise zusammengearbeitet hat, die eben zuvor dann eben lange Zeit gegolten hat. Was ist denn so aus deiner Erfahrung, du hast ja jetzt auch schon sehr viele große Teams geleistet, die Champions League des Widerstandes und wie geht man damit um? Was sind denn da so für dich Highlighter? Vielleicht hast du auch sehr konkrete Situationen aus der Vergangenheit, die auch schon so weit zurückliegen, dass man sie hier erzählen kann. Was sind deine Erfahrungen?

Speaker1:[25:19] Ich würde gerade mal so ein altes, ganz altes Buch aus der britischen Administration zitieren. Da hat jemand mal tatsächlich die britische Administration untersucht und hat die verschiedenen Gesetze aufgeschrieben. In diesen Gesetzen gibt es eins und das kommt mir immer sehr entgegen und die schlimmste Art der Verweigerung ist die Verzögerung. Das, was ihr eben auch sagtest, Stefan, diejenigen, die so tun, als ob sie dabei wären, aber eigentlich es innerlich ablehnen und durch Verzögerung Themen halt einfach nach hinten schieben. Und das ist gerade eine Veränderung in der Form. Du kannst ziemlich gut mit Leuten arbeiten, die dir klar sagen, das ist Blödsinn, das will ich nicht, das mag ich nicht und keine Ahnung was. Da kannst du in den Dialog eintreten und kannst halt auch verstehen, wo diese Widerstände sind. Aber bei jemandem, der dir das nicht zeigt und das halt immer nur wieder verzögert, da ist es keinen richtigen Punkt, wirklich diese Veränderungen zu knacken. Und deswegen ist das für mich so ein bisschen Parkinson’sche Gesetze heißen die übrigens. Der Typ hat das mal tatsächlich untersucht, Anfang des 20. Jahrhunderts. Und das war ganz interessant. Die Quintessenz daraus war, obwohl die spanische Armada geschlagen war und alles runterging, wuchs die britische Administration jedes Jahr um 5,2 Prozent.

Speaker1:[26:38] Das heißt, weniger Schiffe, weniger Soldaten, aber die Administration ist weiter gestiegen. und da hat er ein paar ganz interessante Gesetze abgeleitet und das ist eines davon. Und das, wie weit du gesagt hast, gerade im Change-Prozess ist das immer das Schlimmste, nämlich das, was du nicht erkennen kannst, weil dir halt das nicht wirklich offenbart wird und das ist halt dann auch schwierig zu managen. Und da hilft es halt immer Augen auf und Sensoren aussetzen und halt auch verstehen und dann halt auch bewusst, wenn man merkt, dass genau solche Verzögerungen stattfinden, die halt auch konsequent ansprechen.

Speaker0:[27:10] Ja, absolut. Also das kann ich irgendwie nur maximal bestätigen. Ich meine, in meiner täglichen Arbeit begegne ich immer wieder Kollegen und Kolleginnen, die mir irgendwie versuchen zu erzählen. Geht so nicht, haben wir immer schon so gemacht, funktioniert so nicht. Das bringt mich zwar auch auf die Palme, honestly speaking, aber da kannst du ganz gut mit umgehen. Schwieriger ist es in der Tat mit den Kollegen und Kolleginnen, die im Prinzip sagen, ja, natürlich, ich bin dabei. Und dann irgendwie so versuchen, unter dem Radar irgendwie doch wieder ihre eigene Suppe zu kochen und sich so, ich sag mal so, so Schlupflöcher suchen oder irgendwie sowas. Und dann halt so unter dem Mantel des Changes doch keine Veränderung initiieren und versuchen irgendwie darunter dann wieder alte Strukturen zu etablieren. Das ist echt schwer. Und je größer die Organisation ist, umso mehr solcher Schlupflöcher hast du irgendwo natürlich auch. Und da musst du schon sehr, sehr genau hingucken, weil das kann ganz, ganz schnell toxisch werden.

Speaker2:[27:56] Stefan, du sagst, um nun große Schritte im Rahmen so einer Veränderung machen zu können, braucht es Risikobereitschaft. Wir haben jetzt zusammen quasi so ein bisschen auch natürlich gehört, dass man eben diesen größeren Organisationen, gerade Konzernen, Behörden allgemein, eher unterstellt, dass da vielleicht dann auch eine vorsichtigere Grundhaltung ist oder dass sie zumindest schwerer in der Veränderung zu bewegen sind. Was sind deine Pläne, um deiner Organisation mehr Mut zum Risiko zu geben? Was tust du da, um das schneller zu beschleunigen, so eine Transformation?

Speaker0:[28:27] Also Risikobereitschaft als solche ist, glaube ich, jetzt erstmal ein ganz, ganz wichtiges Thema. Weil wenn du nicht bereit bist, ein Risiko einzugehen, also wenn du nicht mal irgendwie bereit bist, was Neues zu machen und auch in Kauf nimmst, dass das scheitern kann, dann kannst du dich ja gar nicht verändern. Also dann trittst du halt faktisch irgendwie auf der Stelle. Jetzt ist das bei der BA natürlich tatsächlich ein echt schwieriges Thema, weil du musstest mit dieser Risikobereitschaft und mit dem Mut, Fehler zu machen und Dinge dann irgendwie auch mal schief gehen zu lassen, musstest schon differenzieren. Wir sind auf der einen Seite natürlich Betreiber kritischer Infrastruktur und da gibt es halt ganz, ganz viele Bereiche, da muss man faktisch sagen, da dürfen keine Fehler passieren. Also wir können uns das schlichtweg nicht erlauben, dass irgendwie mal an einem Monatsersten Arbeitslosengeld oder Grundsicherung nicht ausgezahlt wird, nur weil wir mal was Neues ausprobiert haben. Also das wäre dann irgendwie schon im Sinne des sozialen Friedens wirklich fatal.

Speaker0:[29:18] Auf der anderen Seite, und dann gibt es aber auch ganz, ganz viele Bereiche, muss man dann eben auch sagen, pass auf, deine Aufgabe als CEO ist es schon, jetzt einfach Freiräume zu schaffen, in denen die Kollegen und Kolleginnen dann eben auch Neues ausprobieren können, wo sie eben auch scheitern können und wo dieses Scheitern dann eben auch ganz bewusst nicht bestraft wird. Allerdings musst du das, wie gesagt, wirklich differenzieren, weil es gibt, glaube ich, ein paar Ecken, da dürfen wir uns keine Fehler erlauben. Und auf der anderen Seite müssen wir halt eben bewusst Räume schaffen, wo du das eben auch machen kannst, wo eben dann am Ende des Tages das auch entsprechend wertgeschätzt und honoriert wird. Und das ist tatsächlich eine echt schwierige Aufgabe, den Kollegen und Kolleginnen beizubringen, zu sagen, ey, pass auf, da hast du einen Job, da musst du dich 100 Prozent fokussieren. Da ist wirklich null Fehlerkultur sozusagen. Und auf der anderen Seite hast du aber eben auch hier den Freiraum, bewusst neue Dinge zu machen, explorativ vorzugehen und wenn du da scheiterst, who cares? Und dafür musst du Formate schaffen, das machen wir eben gerade auch und ich glaube, du musst dann eben auch, ich sag mal, entsprechend deutlich machen, durch entsprechende Formate, also es gibt ja sowas wie Fuck-Up-Nights oder sowas, da gibt es ja ganz, ganz viele Dinge, die wir genauso tun wie viele andere eben auch, wo du eben dann auch öffentlichkeitswirksam sozusagen zeigst, hey, da ist was schiefgegangen, völlig egal und wir haben daraus gelernt und beim nächsten Mal machen wir es anders. Und ich bin fest überzeugt, also wenn du eben da, wo es möglich ist, diese neuen Wege nicht ausprobierst, dann trittst du auf der Stelle, Punkt, und dann passiert auch nichts. Und das kann es natürlich nicht sein.

Speaker1:[30:45] Wir treiben da zwei Dimensionen, nämlich zum einen einen Raum zu schaffen, das hast du gerade eben so schön beschrieben, psychologische Sicherheit, dass Leute sich trauen und das fängt bei mir an, über Fehler zu sprechen und die Lerneffekte, die ich daraus ziehe, um halt das halt auch zu teilen, weil geteiltes Wissen ist immer super und auf der anderen Achse aber auch das Empowerment. Weil wenn du in diese Learning-Zone kommen willst, brauchst du genau die beiden Dinge, nämlich den Raum, offen über Fehler zu sprechen und daraus die Learnings zu ziehen, aber gleichzeitig das Empowerment, mehr Verantwortung zu übernehmen und damit logischerweise das auch mehr zu adaptieren. Und da die Menschen zu einzuladen, genau auf die Reise einzusteigen, das fängt bei jedem selber an. Die Führungskräfte sind ein großer Multiplikator und Katalysator, gerade in dieser Reise diesen Raum zu schaffen. Und dann halt die Formate, wie du beschreibst.

Speaker0:[31:37] Ja, absolut. Also das Stichwort psychologische Sicherheit, besser kannst du es ja eigentlich gar nicht beschreiben. Das ist ja eben genau diese Kombination aus, jeder darf irgendwie offen sprechen und kann eben auch offen die Dinge ansprechen, die passieren. Jeder wird akzeptiert, wie er ist. Und vor allem aber eben hast du eine gesunde Fehlerkultur, wo sich niemand irgendwie bestraft fühlt oder bestraft wird, besser gesagt, wenn denn da mal wirklich was schief geht. Und klar, also die beste Signalwirkung, die du irgendwie dann erzielen kannst, ist, in dem du selber genauso anfängst.

Speaker2:[32:07] Also die Ausbalancierung aus einer Fehlerkultur mit Freiräumen für den einzelnen Mitarbeiterinnen oder die Mitarbeiterinnen. Kommen wir in die Praxis von euch beiden nochmal, weil das ist eine schöne Gelegenheit, mit so zwei erfahrenen CIOs hier zu sitzen. Und die Frage, die mir da natürlich einfällt, wo habt ihr für euch jeweils die Situation gehabt, dass diese Balance besonders gut gelungen ist? Also so ein richtig großer Erfolg, vielleicht das, wo ihr auch gar nicht damit gerechnet habt, dass es vor allem in so einer Veränderungssituation dann auch gut klappt. Oder auf der anderen Seite, und das ist immer die schwierige Frage, wo habt ihr denn da für euch vielleicht einen großen Fail erlebt? Und was habt ihr daraus gelernt? Wer von euch beiden möchte gerne starten?

Speaker1:[32:45] Komm, ich fange mal mit dem großen Fail an. Was ich so bei mir selber feststelle, ist natürlich immer, ich bin sehr ungeduldig. Und diese Ungeduld ist auch im Prinzip ein Großteil meiner Energiequelle und auch meines Treibers. Als ich so junge Führungskraft war, habe ich natürlich versucht, mit Logik die Menschen zu begeistern und ihnen zu erklären, wie sowas funktioniert und wie sowas alles zusammenhängt und keine Ahnung was. Und da habe ich mich oft wiedergefunden, dass ich ganz weit vorne war, aber irgendwie gar keine hinter mir. Und da habe ich halt viele Menschen abgehängt, weil durch diese Ungeduld und durch diese reine Logik, aber wir wissen ja selber, Menschen tickern nach Emotion, nach Kopf und in der Mischung beides. Und halt wichtig ist, und das ist zumindest mein großes Learning daraus, dieses Verständnis und dieses Einschwören auf diesen gemeinsamen Nenner des Warums. Früher haben wir immer gesagt, das ist der Antrieb, die Burning-Plattform und so weiter. Aber auch dann die Zeit zuzulassen, dass wirklich alle nochmal reflektieren und darauf einzugehen. Und das waren so meine größten Fails, dass ich immer ganz weit vorne alleine war und irgendwie gar keiner hinter mir.

Speaker0:[33:51] Ich muss gerade so lachen innerlich. Also gerade hier vor allem auch bei der BA passiert mit das, was du gerade sagst, ist mir tatsächlich jetzt in den letzten Monaten immer mal wieder passiert. Und das ist das so, ja, Veränderung ist ein Marathon, alles gut. Dabei versuchst du ja trotzdem irgendwie unter zwei Stunden zu laufen und stellst dann halt irgendwie fest, dass hinter dir nicht mehr ganz so viele Kollegen und Kolleginnen sind. Und dann sind das tatsächlich immer genau diese Punkte, wo du mal innehalten musst, wo du reflektieren musst und warten musst, bis irgendwie so der Rest wieder aufgeholt hat. Und wenn du das nicht tust, ist das natürlich schon fatal. Und ich glaube, insofern gibt es da immer wieder Fails. Ich kann dir auch ein Beispiel irgendwie nennen aus meiner Vergangenheit bei der Firma Siemens. Es ist ja kein großes Geheimnis, dass irgendwie die Siemens Mobility 2017 sich mit einem anderen französischen Bahnhersteller zusammentun wollte, ging ja auch irgendwie groß durch die Presse. Ich war damals als frischgebackener CIO sozusagen Teil dieses Merger-Sonic-Position-Teams dort, was regelmäßig bei den Kollegen in Paris war, war eben auch da in Brüssel vor Ort und so.

Speaker0:[34:51] Um halt diesen Deal irgendwie einzufädeln. Und wir waren so voll in so einem Tunnel. Also wir haben so richtig Gas gegeben und haben halt irgendwie total darauf hingearbeitet, dieses Thema dann jetzt irgendwie auch hinzulegen und haben komplett ignoriert, was da irgendwie um uns herum passiert ist. Also ich meine, die damalige EU-Kommissarin hat sich sehr, sehr früh irgendwie, öffentlichkeitswirksam gegen diesen Deal ausgesprochen, das hätte klingeln müssen. Also du hättest irgendwie schon unlängst verstehen müssen, Mensch, also du hinst da gerade irgendwie voll ins Verderben. Das wird nichts, weil die haben sich so dermaßen, positioniert, aus der Nummer kommst eigentlich gar nicht nach Hause. Aber völlig egal, wir haben immer weitergemacht bis zum letzten Tag. Und dann ist das Ding natürlich irgendwie genauso medienwirksam, wie es immer uns war, eben auch gescheitert. Da lernst du natürlich dann auch unglaublich viel raus. Und dann musst du dich auch irgendwann hinstellen und sagen, ja, pass auf, Freunde. Also natürlich haben wir jetzt irgendwie euch anderthalb Jahre lang in diese Richtung getrommelt und das war falsch. Punkt aus.

Speaker0:[35:44] Also insofern, glaube ich, ist das auf der einen Seite eine gute Mischung immer aus dieser Selbstreflexion im Sinne dessen, was du da gerade tust. Und wie du eben dann auch auf andere wirkst. Und auf der anderen Seite, glaube ich, eben auch dieses offene und ehrliche Zugeben vor der gesamten Mannschaft, dass auch du in irgendeiner Führungsposition auch immer durchaus Fehler machen kannst und dann eben auch dazu stehst.

Speaker2:[36:07] Reden wir über den CIO der Zukunft. Stefan, du sagst, der CIOs sollten ihren Horizont um strategische Personalplanung und Recruiting erweitern. Und du hast eben auch angesprochen, es geht vor allem natürlich, wenn es um Ende-zu-Ende-Digitalisierung, und Automatisierung geht vor allem eben darum, nicht nur Prozesse zu simplifizieren, zu digitalisieren, sondern eben auch um diesen demografischen Aspekt. Wenn wir zu der Herausforderung Fachkräftemangel kommen, wie sieht das in deiner Organisation aus? Was beobachtest du da, wie ist die Situation und wie geht ihr damit um?

Speaker0:[36:37] Ist ein Riesenthema, also um es vorweg zu sagen. Und ich glaube, bin ich auch jetzt nicht alleine mit. Also wir haben alleine im IT-Systemhaus im Moment Größenordnung 600, 700 offene Stellen, die wir besetzen dürfen oder besetzen müssen. Wenn Sie jetzt sehen, wie du willst, ist auf der einen Seite Fluch, auf der anderen Seite Segen. Gleichermaßen und das fällt uns unglaublich schwer. Und das fällt uns nicht nur deshalb unglaublich schwer, weil wir irgendwie als IT-Dienstleister im öffentlichen Sektor vielleicht jetzt nicht gerade irgendwie kompatibel oder kompetitiv mit AWS oder Google oder anderen Hyperscalern sind, sondern das fällt uns deshalb schwer und auch das ist ja kein Geheimnis. Alleine in Deutschland fehlen heute schon 150.000 IT-Fachkräfte.

Speaker0:[37:16] Heißt also im Umkehrschluss, die wenigen, die gerade verfügbar sind, die können Sie natürlich Ihren Arbeitgeber maximal aussuchen. Und damit sind perspektivisch natürlich aus einer IT-Sicht heraus, aber ich glaube auch aus einer gesamtunternehmerischen Sicht, ganz andere Skills und Capabilities gefordert, um eben diesen Mangel an Fachkräften dann irgendwie nachhaltig zu schließen. Also du musst dich einfach als CIO oder eben jetzt eben auch als CEO eines IT-Dienstleisters intensiv damit auseinandersetzen. Wie sieht eigentlich meine Recruiting-Strategie aus? Wie gewinne ich Personal? Wie funktioniert meine strategische Personalplanung? Was muss ich tun im Sinne von Reskilling, Upskilling, all diese Themen? Wie kann ich vielleicht eben auch Quereinsteigern die Möglichkeit geben, in der IT-Organisation oder in der IT Fuß zu fassen und die dann eben über die Zeit nachhaltig auszubilden und zu qualifizieren? Also da kommen ganz, ganz viele Dinge zusammen und das sind alles aus meiner Sicht gänzlich neue Herausforderungen, weil also das Themenfeld eines CIOs wird damit perspektivisch ja ein ganz anderes. Also ich gehe nicht mehr darum, irgendwie IT-Strategie zu machen und zu sagen, was ist jetzt irgendwie meine Referenzarchitektur und wie kann ich nachhaltig meine Netzwerkinfrastruktur aufbauen und wie kann ich das sicher gestalten und das ist Make-or-Buy-Strategie und wie muss ich Lieferanten managen? Schon alles wichtige Themen, gar keine Frage. Aber dieses HR-Thema, das kommt jetzt mit ganz, ganz großen Schritten irgendwie auf uns zu. Und ich glaube, da müssen wir noch ganz, ganz viel elementare Arbeit leisten, um das eben auch dann wirklich zu beherrschen.

Speaker1:[38:45] Ja, kann ich nur bestätigen, Stefan. Was mich immer sehr fasziniert, gerade wenn du das World Economic Forum siehst, was ja propagiert, in den nächsten fünf Jahren werden 60 Prozent neue Jobs geschaffen, von denen wir heute noch keine Ahnung haben. Wenn du den Takt so ein bisschen siehst, wie sich Technologie entwickelt, dann sehen wir das auch. Also dieses Jahr wird ja so ein bisschen das Durchbruchsjahr der KI oder AI werden. Das sieht man jetzt so, dass selbst ARD und ZDF über irgendwelche Chatbots berichtet und sagt, guck mal, was passiert da? Ja, ich glaube, da sind wir jetzt gerade in so einem perfekten Sturm und das ist halt nicht mit schulischen Leistungen oder mit dem Bildungsauftrag, den heute unsere Schulen haben, irgendwie zu kompensieren. Da geht es darum, tatsächlich die Leute da abzuholen, wo sie sich bewegen. Also wenn wir nach Developern suchen, dann muss es ein Developer-Forum sein. Da darfst du nicht irgendwie eine Stellenausschreibung. Das heißt aber nicht nur für dich als CIO ist eine große Änderung, sondern auch für alle HR oder Personalwesen ist das eine ganz neue Situation. Die Erwartung des potenziellen Kandidaten, Feedback, Angebot, Preis zu bekommen, ist genauso wie im digitalen Leben. Ich schicke was ab, ich kriege eine Response und weiß, ich bin dabei oder bin nicht dabei. Und jetzt nehmt euch alle mal ein Stück weit zurück und reflektiert mal, wie das in den verschiedenen Unternehmen ist. Da gibt es noch viel aufzuholen. Und das ist halt unsere Aufgabe.

Speaker0:[40:08] Ja, absolut. Ich meine, du sprichst da ein super wichtiges Thema. Vor ein paar Jahren war die Situation ja im Prinzip nur so, wenn ein Entwickler oder ein Architekt oder was auch immer gebraucht ist, hat es halt eine Stellenanzeige irgendwie gepostet, die ist auf ein paar Online-Portalen dann irgendwo veröffentlicht worden und hast da halt irgendwie einen Haufen Bewerber gehabt und dann hast du dir den Besten ausgesucht. Heute verkaufst du dich als Unternehmen potenziellen Kandidaten und die musst du erstmal finden, weil die toben sich jetzt nicht zwingenderweise irgendwie auf den Stellenbörsen dieser Welt aus, sondern die sind in Foren, die sind in den sozialen Medien, die sind sonst irgendwo unterwegs. Und du musst aktiv auf die Suche gehen und du musst dich diesen potenziellen Kandidaten also regelrecht verkaufen. Und das ist aus einer HR-Sicht heraus irgendwie eine völlig andere Art und Weise, eine Rekrutierung zu betreiben, wie man das vielleicht noch vor ein paar Jahren gemacht hat. Und auch die IT-Organisationen oder die Führungskräfte der IT-Organisationen werden ja dann jetzt zunehmend eigentlich zu Vertriebsmitarbeitern, wenn du das so sagen möchtest. Und dieses Skillset, das ist… Das ist halt ein gänzlich anderes, wie das, was wir nach vor ein paar Jahren irgendwie brauchten.

Speaker2:[41:11] Das heißt ja umgekehrt, es geht also nicht nur um Recruiting, sondern der Fokus geht vielleicht auch, wenn ich denn mal meine Mitarbeiterin oder meine Mitarbeiter in der Organisation habe, um Talent Retention. Und das ist natürlich dann ja auch eine Aufgabe, die der CIO aufgreifen muss, die gerade eben in so einem Umfeld, wo jemand sagt, ich bin heute weg, zum nächsten Ersten fange ich dann wieder woanders, sehr gut an, eine ziemlich große Herausforderung. Was kann man denn da als CIO machen, um einem Mitarbeiter, der jetzt sich dafür entschieden hat, für die eigene Organisation zu arbeiten, wirklich an sich zu binden und langfristig eben auch zufriedenzuhalten?

Speaker0:[41:42] Total spannende Frage und jetzt schlägst du natürlich auch wieder so ein bisschen die Brücke zu dem ursprünglichen Thema New Work, wobei man der Fairness halber sagen muss, das ist natürlich nicht alles. Das ist erstmal so Grundvoraussetzungen, also Flexibilität, freie Arbeitsplatzwahl, Homeoffice, welche Corporate Benefits auch immer. Also das ist irgendwie erstmal alles so grundlegende Voraussetzung, wenn du da irgendwie nicht mitspielen kannst, dann brauchst du sowieso gar nicht erst anfangen. Also wenn du heute irgendwie irgendwo hingehst und sagst, hey, möchtest das Softwareentwickler für mich werden, aber du musst fünf Tage die Woche in Nürnberg vor Ort sitzen, brauchst du gar nicht fragen. So, und die Frage, wie bindest du die Kollegen also wirklich nachhaltig? Aus meiner Sicht sind es zwei ganz wesentliche Themen. Das eine ist, du musst den Kollegen und Kolleginnen die Möglichkeit bieten, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und wirklich kontinuierlich zu lernen. Was auch immer, also es muss ja jetzt nicht heißen, dass du jede zwölf Monate, dann einen höherwertigen Posten oder was auch immer hast, aber du musst eben die Möglichkeit geben, dass sie sich permanent mit neuen Themen beschäftigen können, dass sie neue Dinge erlernen und dass sie einfach dann wirklich so eine Personal Growth Journey haben sozusagen.

Speaker0:[42:43] Und das andere ist, man muss sich ganz klar vermitteln, was der Sinn der jeweiligen Tätigkeit ist. Also das ist viel, viel wichtiger geworden, wie vielleicht noch vor ein paar Jahren, dass also ganz klar ist, was ist eigentlich der Sinn, der Zweck, die Daseinsberechtigung der jeweiligen Organisation, der Unternehmen, des Unternehmens und man muss das runterbrechen und sagen, ey, dein Job, was auch immer du machst, du baust jetzt Software oder whatsoever, du trägst auf diese und jene Art und Weise zu genau diesem Großen und Ganzen dabei. Wenn du diese beiden Dinge vernünftig beherrschst und gut bespielst.

Speaker0:[43:13] Und, ich sage mal, du hast ein Umfeld, in dem die Kollegen und Kolleginnen arbeiten können, was weitgehend vergleichbar ist, was heute eben Marktstandard ist. Dann hast du ganz gute Chancen, eben auch Talente zu behalten.

Speaker1:[43:24] Ja, definitiv. Und du unterscheidst es schön. Purpose ist ein ganz wichtiges Element. Und was wir gerade sehr stark sehen, ist gerade vor allen Dingen in Richtung Sustainability. Also was ist der Beitrag für den Planeten? Ja, also was ist die höhere Ordnung, die ich mit meiner Arbeit logischerweise erfüllen kann oder wo ich einen Beitrag zu leisten kann, die nicht nur hier mal ein Stück Software, sondern ich bringe tatsächlich einen Beitrag für meinen CO2-Footprint oder dass unser Planet weniger Plastik braucht oder whatever. Ja, also und das merkt man schon intensiv. Also vor allen Dingen, wenn du heute mit, wir machen immer so ein schönes Shadowing mit Gen-Z-Leuten, Stefan. Also das heißt, die laufen dann mal einen Tag mit mir durch den Tag. Ich bin mir nicht sicher, ob die danach noch CIO werden wollen, aber die machen es trotzdem. Ja, und das ist so ein Reverse-Mentoring. Also ich sage mal, du siehst halt Stellenwerte, die in der Generation gelten, sind deutlich andere als jetzt bei den Baby-Brunern oder bei der Generation Y oder sonst irgendwas. Und ich glaube, gerade was die Talente der Zukunft angeht, das ist halt auch wichtig, als Führungskraft zu verstehen und das halt mit zu adaptieren und sicherzustellen, dass du damit logischerweise attraktiv bist.

Speaker0:[44:37] Absolut. Das ist total spannend und im Übrigen bekommen wir als Public Sector in dem Zusammenhang aktuell auch wieder eine ganz andere Bedeutung und einen ganz anderen Stellenwert. Das ist echt cool, weil wir merken schon zunehmend, dass also die Kollegen und Kolleginnen oder potenziellen Kollegen und Kolleginnen in solchen Gesprächen dann nicht als erstes fragen, kann ich jetzt 20.000 Euro mehr verdienen wie bei einem vorherigen Arbeitgeber, sondern die Frage ist tatsächlich, was ist dein Beitrag für den Planeten, was ist dein Beitrag für die Gesellschaft?

Speaker2:[45:03] Lass uns abschließend noch einen Blick genau in die andere Richtung werfen, nämlich, was wünschst du dir für die nächste Generation von IT-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? Also wenn du jetzt CVs in die Hand bekommst und auch zukünftig, welche Fähigkeiten und Kompetenzen sind in Zukunft wichtig? Worauf schaust du da ganz besonders?

Speaker0:[45:21] Also ich glaube erstmal, alle Kompetenzen kannst du erlernen. Also mir geht es gar nicht so sehr darum, kannst du jetzt programmieren, bist du gut in, was weiß ich, Java-Entwicklung oder hast du Ahnung von Datenbankentechnologien oder sowas. Das sind alles Dinge, wenn du die nicht so gut beherrschst, dann finden wir Mittel und Wege, dich innerhalb von 12 oder 24 Monaten so aufzuschlauen, dass du das beherrschst. Mir ist wichtig, dass die Kollegen und Kolleginnen erstmal eine gesunde Portion Neugier mitbringen. Also du musst halt wirklich irgendwie Bock haben, dann was Neues zu machen und du musst das eben auch transportieren können. Das Ganze gepaart, glaube ich, mit einem Stück weit Skepsis, weil es ist immer wichtig, irgendwie den Status Quo zu hinterfragen, die Dinge auch mal zu challengen und bewusst so zu akzeptieren, wie du sie irgendwie vorfindest. Also diese beiden Elemente sind mir wichtig. Und dann, glaube ich, ist es eben auch ganz, ganz wichtig, vor allem in der IT zunehmend wichtiger, dass du in der Lage bist, irgendwie vernünftig und sauber zu kommunizieren und zu artikulieren, weil eben genau diese Interaktionen unter disziplinären Teams oder Fusion-Teams, wie du das nennst, die wird ja immer, immer mehr. Und du hast halt schon irgendwie den einen oder anderen Kollegen, der eine sehr, sehr deutliche IT-Sprache spricht und die wird dann halt irgendwie wiederum im Fachbereich nicht wirklich verstanden und das muss zusammenwachsen. Und insofern ist also Kommunikation da auch nochmal ein ganz, ganz wichtiges Thema Und das wären so die Top-3-Skills oder das sind so die Top-3-Fähigkeiten, auf die wir sehr, sehr stark achten. Und vieles andere kannst du erlernen und das funktioniert auch.

Speaker1:[46:45] Ich würde nur noch eins ergänzen, Haltung. So nach dem Motto, diesen Hunger zu haben, immer wieder auf neue Ufer vorzuschwimmen. Das hast du ein bisschen schon mit Neugier gesagt. Aber das ist für mich in der Tat viel entscheidender, wenn wir neue, gerade Kolleginnen und Kollegen für uns rekrutieren. Gerade was Einstellung angeht und vor allen Dingen, neudeutsch würde man sagen, mentale Agilität. Weil in dieser Welt, in der wir uns logischerweise so schnell verändern, diese Anpassungsfähigkeit, die ist schon ein wesentlicher Erfolgsgarant.

Speaker2:[47:14] Ich danke euch beiden. Das war ein sehr spannender Austausch. Ja, was habt ihr aus dem Gespräch für euch zusammenfassend mitgenommen? Uli, du machst meistens den Start.

Speaker1:[47:23] Also erstmal muss ich ganz ehrlich sagen, die Unterschiede zwischen der Bundesagentur für Arbeit und einem Wirtschaftsunternehmen sind nicht groß. Also auch wenn die Zwecke unterschiedlich sind, aber die Herausforderungen, die wir haben, sind schon gleich. Unser Auftrag ist auch gleich, das ist auch ganz interessant, nämlich einerseits für die Gesellschaft, aber auch für den Planeten logischerweise einen deutlichen Mehrwert zu schaffen und dass Digitalisierung nirgendwo halt macht. Dieses, früher hieß es immer Digital Core, also wirklich von oben bis unten, von rechts nach links, von rauf runter, das war spannend zu hören. Und wie wolltest du sagen, das Leben eines CIOs, und das hat Stefan nochmal sehr gut unterstrichen, ist the best place to be.

Speaker0:[48:04] Dem kann ich nicht weitgehend nur anspießen. Also mir hat es riesen Spaß gemacht, heute dabei zu sein und mich mit euch auszutauschen. Und ich finde, solche Unterhaltungen haben ja irgendwo immer auch so ein bisschen so eine therapeutische Wirkung, wenn man das so sagen will. Weil wir haben halt, glaube ich, schon relativ stark gemerkt, obwohl wir eigentlich in völlig unterschiedlichen Organisationen unterwegs sind, sind die Herausforderungen, die wir haben, doch sehr, sehr gleich. Und es tut tatsächlich manchmal gut, eben auch dann festzustellen, dass mit den Dingen, die du da so gerade vorantreiben musst, die ja… So begeisternd, wie du darüber redest, das kann ja hin und wieder auch mal durchaus ein wenig frustrierend sein, wenn du nicht alleine auf dieser Welt bist. Insofern vielen, vielen Dank, Uli, für den Austausch und auch dir vielen Dank, Markus.

Speaker2:[48:43] Ja, danke dir. Therapeutische Wirkung, das bringt es genau auf den Punkt, Uli. Das war wahrscheinlich genau das, was uns im Jahrespublik gefehlt hat. Das ist es doch eigentlich, was wir hier alle zwei Wochen bewerkstelligen. Danke dir dafür, Stefan, um das nochmal gut zu framen. Stefan, wir haben eine Tradition. Ganz am Ende einer jeden Folge stellen wir unserem Gast immer nochmal eine ganz besondere Frage, die eigentlich so von Folge zu Folge fortgetragen wird. Und es hat eigentlich gar nicht immer nur was mit der Rolle zu tun oder mit der Funktion oder mit deinem Fachwissen, das du hast, sondern eigentlich was mit dir ganz persönlich. Und du hast eben schon gesagt, Sinn, Zweck, Daseinsberechtigung der eigenen Rolle ist ein ganz wesentliches Element. Und deswegen eigentlich die Frage an dich, wofür stehst du morgens auf?

Speaker0:[49:22] Um zu wachsen, ganz einfach gesprochen. Also ein guter Tag ist immer ein Tag, wo ich irgendwie was entweder über mich oder über meine Umwelt, nach meinem Umfeld lernen durfte. Und wenn ich irgendwie ein bisschen gewachsen bin, egal in welcher Hinsicht, dann war das ein guter Tag und dafür stehe ich mich auch.

Speaker2:[49:37] Danke dir. Stefan, magst du uns zum Abschluss beziehungsweise unseren Zuhörerinnen und Zuhörern noch verraten, wo sie vielleicht noch mal mehr von dir erfahren könnten zu den Themen, über die du heute gesprochen hast und wo sie vielleicht auch mit dir in Kontakt treten können, wenn sie das ein oder andere Thema vertiefen möchten oder vielleicht sogar für die Bundesagentur im IT-Umfeld arbeiten möchten?

Speaker0:[49:55] Ja, selbstverständlich. Also der einfachste Weg, mit mir persönlich in Kontakt zu treten, ist über die sozialen Medien, allen voran LinkedIn. Da habe ich ein Profil, auf dem ich sehr, sehr aktiv bin und eben auch, glaube ich, jedem Rede und Antwort stehe. Wenn man mir da folgt, kann man auch, glaube ich, einen ganz guten Eindruck gewinnen, was wir da so Tag für Tag und Woche für Woche machen. Also insofern kann ich das auf jeden Fall nur jedem wärmstens ans Herz legen. Und ansonsten haben wir natürlich auf unserer Internetseite des IT-Systemhauses da auch sehr, sehr umfangreiche Informationen, wer wir eigentlich sind, was wir alles so machen, welche offenen Stellen es da gerade eben so gibt. Und das kann ich natürlich jedem, der da ein gewisses Interesse für hat, natürlich auch nur wärmstens ans Herz legen. Aber am allerbesten ist einfach, mit mir direkt in Kontakt zu treten über die sozialen Medien.

Speaker2:[50:36] Ich danke dir. Und auch nochmal, dass du heute unser Gast warst. Das war der Digital Pacemaker Podcast zur Frage, wie etabliert der CIO der Zukunft neue Arbeitsmodelle in traditionell geprägten Umfeldern? Unser Gast dazu war Stefan Latuski, CEO des IT-Systemhaus der Bundesagentur für Arbeit. Wenn ihr weitere Informationen zur Folge haben möchtet, schaut bitte wie immer in unsere Shownotes. Dort findet ihr die weiterführenden Links. Und wenn ihr Fragen habt oder mit uns diskutieren möchtet, nutzt die Posts und Kommentarfunktion auf LinkedIn. Wir freuen uns über euer Feedback oder eure Erfahrungen zum Thema oder vielleicht auch Dinge, die ihr anders seht, als das, was wir heute besprochen haben. Ja, und mir bleibt zu sagen, vielen Dank Stefan, vielen Dank Uli. Der Digital Pacemaker Podcast erscheint alle 14 Tage am Dienstag bei Spotify, Apple und überall, wo du Podcasts bekommst. Klicke jetzt auf den Follow- oder Abonnieren-Button, wenn du keine Folge verpassen möchtest. Euch eine gute Zeit und auf bald, euer Uli und Markus.

Speaker1:[51:27] Rock’n’Roll!

Music:[51:28] Music

Speaker3:[51:35] Der Digital Pacemaker Podcast ist eine Produktion von Maniac Studios.